Fortuna-Aufsichtsrat Reinhold Ernst „Wir müssen die Solidarität wieder herstellen“

Düsseldorf · Fortunas Aufsichtsratschef Reinhold Ernst möchte der Kommerzialisierung des Fußballs entgegenwirken.

Reinhold Ernst ist Aufsichtsratsvorsitzender bei Fortuna Düsseldorf.

Reinhold Ernst ist Aufsichtsratsvorsitzender bei Fortuna Düsseldorf.

Foto: Christof Wolff

Der Aufsichtsratsvorsitzende von Fußball-Bundesligist Fortuna Düsseldorf, Reinhold Ernst, spricht im Interview unter anderem über die Kommerzialisierung des Fußballs, Pyrotechnik und Winter-Transfers.

Herr Ernst, die Fortuna ist bei der Suche nach einem Sportvorstand offenbar auf der Zielgeraden. Wie überschaubar ist der Kandidatenkreis denn und ist Lutz Pfannenstiel der Favorit auf den Posten?

Reinhold Ernst: Wir haben viele Gespräche geführt. Jetzt stimmen wir uns im Aufsichtsrat ab. Zum aktuellen Verfahrensstand und zu Namen werde ich nichts sagen. Aber unsere Suche läuft sehr gut. Dass in solche Prozesse eine gewisse Dynamik reinkommen kann, ist völlig klar. Seit den Herbstferien haben wir viele Gespräche geführt. Und so kristallisiert sich immer mehr heraus, was das richtige Profil ist. Zum Winter sollte der geeignete Kandidat gefunden sein.

Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass es ein Neuling auf der Position des Sportvorstandes wird?

Ernst: Nein. Natürlich kann man einen Sportvorstand nicht am Reißbrett entwerfen. Es kann auch passieren, dass bestimmte Kriterien von einem Kandidaten nicht erfüllt wurden, aber er trotzdem der Richtige ist. Weil man einfach weiß, dass es passt. Mit Robert Schäfer haben wir vor zweieinhalb Jahren auch jemanden geholt, der keine Erfahrung als Vorstandsvorsitzender hatte. Das war eine ganz neue Rolle für ihn, die er dann schnell ausgefüllt hat. Wir wollen Dinge weiterentwickeln und dann muss man auch mal Mut haben. Von daher ist es absolut möglich, dass es ein Neuling wird. Andererseits kann einen der erfahrene Kandidat ebenso voranbringen.

Wie nötig sind für die Fortuna Winter-Transfers und welche Möglichkeiten hat der Verein da aktuell?

Ernst: Der Aufsichtsrat, Finanzausschuss und Vorstand haben frühzeitig angefangen zu schauen, welche Mittel zur Verfügung stehen und wo noch Gelder freigemacht werden können. Wir möchten nicht in die Situation geraten, am Ende der Saison einen großen Überschuss zu haben, aber sportlich nicht erfolgreich gewesen zu sein. Jeder erinnert sich an die Saison 2012/13, an deren Ende wir bekanntlich abgestiegen sind. Man muss jetzt die Möglichkeit bieten. Als Aufsichtsrat sagen wir: ,Wir machen die Mittel frei.‘ Da es auch um die Weiterentwicklung der Mannschaft auf längere Sicht geht, ist es sinnvoll, im Winter Ausschau zu halten, wenn die sportliche Führung das auch so sieht.

Können Sie das konkret benennen? Wie viel Geld steht zur Verfügung?

Ernst: Intern haben wir das bereits signalisiert. Wir haben etwas Signifikantes freigemacht, müssen das aber noch finalisieren. Genauer kann ich das noch nicht kommunizieren.

Würde die Fortuna denn wirtschaftlich auch ein wenig ins Risiko gehen, weil sich das langfristig auszahlen kann, wenn die Mannschaft die Klasse hält?

Ernst: Wenn uns die Nicht-Abstiegsprämie dazu führt, dass wir ein leicht negatives Ergebnis machen, dann zahlen wir sie gerne.

Der Fußball dominiert den Sport, aber nicht alles, was dazu gehört, gefällt den Fans. Was muss sich im Fußball generell wieder ändern?

Ernst: Wir müssen die Solidarität zwischen den Vereinen wieder herstellen. Auch, um dafür zu sorgen, dass man ein gemeinsames Verständnis davon hat, was Fußball in Deutschland ist.

Das bedeutet?

Ernst: Die Fans wieder besser mitzunehmen. Es ist eine Entfremdung eingetreten. Manche sehen eine zu starke Kommerzialisierung. Und das zum Teil auch zurecht. Wir im Verein beobachten internationale Themen wie Footballleaks, Korruptionsskandale oder die Diskussionen um Zusatzligen sehr kritisch. Da müssen wir mal ,Stop‘ sagen und untereinander reden. Als Fortuna können wir das auf lokaler Ebene machen und den reinen Fußball in den Vordergrund stellen, anstatt zu viel Drumherum am Spieltag zu veranstalten.

Gibt es da konkrete Ideen?

Ernst: Wir möchten mit unseren Mitgliedern, aber auch anderen Vereinen in eine Diskussion eintreten. Wenn es Dinge im Fußball gibt, die überkommerzialisiert sind, dann müssen wir diese auch konkret benennen und nicht nur im Allgemeinen über etwas diskutieren. Dazu gehört auch die 50+1-Regel. Daran sollte nicht ständig gebohrt werden. Da müssen wir aktiv etwas gegen machen. Aber ich gehe grundsätzlich davon aus, dass es in Deutschland einen breiten Konsens für die Erhaltung der 50+1-Regel gibt.

Anderes Thema: NRW-Innenminister Herbert Reul fordert Haftstrafen für das Abbrennen von Pyrotechnik. Wie stehen Sie dazu?

Ernst: Nach Mönchengladbach, wo es von einigen wenigen unserer Fans sehr extrem war und uns wirtschaftlich sehr belastet hat, müssen wir eine deutliche Diskussion mit den Fans führen. Der Vorschlag des Ministers hat mich aber schon erstaunt. Das halte ich nicht für verhältnismäßig.

Wie sehen Sie die sportliche Situation jetzt nach den vier Punkten aus den Spielen gegen Berlin und in München? In Düsseldorf verfallen viele schnell in Euphorie. . .

Ernst: Das kann jeder richtig einordnen. Auch jeder Fan. Der Fortuna-Seele hat das 3:3 in München fraglos gut getan. Das waren besondere Momente. Für solche Erlebnisse wie in München machen wir das doch auch alle. Gegen Mainz steht wieder der Alltag an.

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