Fortuna-Trainer Köstner: Einer wie Ballack fehlt

Lorenz-Günther Köstner fehlen Spieler bei Fortuna, die auf und neben dem Platz den Mund laut und deutlich aufmachen.

Lorenz-Günther Köstner sucht noch nach Führungsfiguren im Team.

Lorenz-Günther Köstner sucht noch nach Führungsfiguren im Team.

Foto: Christof Wolff

Düsseldorf. Fortuna Düsseldorfs Trainer Lorenz-Günther Köstner zieht ein durchwachsenes Fazit nach dem Trainingslager in Spanien. Positiv sieht er die Entwicklung der jungen Spieler, doch das Verletzungspech verhinderte eine intensivere Arbeit mit der Mannschaft. Seine Hauptsorge: Die Mannschaft hat ein Kommunikationsproblem.

Herr Köstner, wie lautet Ihr Fazit dieses Trainingslagers?
Lorenz-Günther Köstner: Wenn man bedenkt, dass wir mit acht angeschlagenen Spielern und Verletzten hier gestartet sind, haben wir bis auf Matthis Bolly alle - zumindest teilweise - ins Mannschaftstraining integrieren können. Allerdings nicht ohne Rückschläge. Darauf mussten wir auch im Training immer Rücksicht nehmen. Ich hätte gerne mehr trainiert, aber jetzt gilt es das Training kontinuierlich zu steigern.

Kapitän Andreas Lambertz musste schon zu Beginn der Zeit in La Manga mit dem Mannschaftstraining aussetzen. Wie sehen Sie seine Rolle?
Köstner: Das ist auch so eine Sache mit Lambertz. Er ist ein Charakterspieler, den ich gerne jeden Tag auf dem Platz dabei hätte. Aber wir mussten ihn wegen seiner Sprunggelenksverletzung rausnehmen. Das ist nicht optimal. Das tut besonders weh.

Welchen Eindruck haben Sie von den jungen Spielern, die aus der U23 kamen und jetzt mit im Trainingslagern waren?
Köstner: Das Positive ist, dass sich sechs ehemalige oder noch-U23-Spieler hier gut präsentiert haben. Die Jungs haben ihre Möglichkeit und Spielpraxis bekommen. Das ist sehr positiv, aber wir müssen uns im Klaren sein: Es wird noch eine gewisse Demut erwartet, wir brauchen noch Geduld. Es wird ein langer Weg zu einer stabilen Mannschaft, aber ich werde und muss das Team auf diese Reise mitnehmen. Ich hoffe, dass wir dann irgendwann unsere stärkste Elf aufbieten können. Wann das so ist, kann ich aber nicht sagen.

Die Fans haben im vergangenen Jahr viel mit ihrer Fortuna gelitten. Was dürfen die Anhänger sich vom Rest der Saison versprechen?
Köstner: Die Fans sollen wissen, dass die Mannschaft trotz eines teilweise stark reduzierten Kaders, auf dem Trainingsplatz voll mitgezogen hat und gewillt ist, den Rest der Saison ein Team auf den Platz zu bringen, das für Fortuna kämpft und spielt. Wie lange es bis dahin dauert, kann ich aber noch nicht sagen. Ich habe das Düsseldorfer Publikum immer dafür bewundert, dass es ihre Mannschaft auch nach Rückständen oder Niederlagen bedingungslos unterstützt hat. Das werden wir auch brauchen.

Einige Spieler haben den dritten Platz noch nicht abgeschrieben. Wohin schauen Sie in der Tabelle? Nach oben oder nach unten?
Köstner: Wir stehen immer noch auf einem gefährlichen Platz. Mittendrin in der Tabelle mit vier Punkten Abstand nach unten und sechs nach oben. Jetzt kann sich jeder aussuchen, wo er sich am liebsten sieht. Und jeder sieht sich am liebsten vorne. Aber wir sind gut beraten, mit Demut da ran zugehen und auch nach hinten zu schauen. Unter der Vorgabe, den Abstand nach unten weiter zu vergrößern. Es gilt doch, die Spiele zu gewinnen, um sich vom Tabellenende zu entfernen.

Mit der Rückkehr vom Heinrich Schmidtgal und Adam Bodzek gewinnt die Mannschaft wieder an Qualität. Wie sehen Sie die Rolle der beiden?
Köstner: Die Langzeitverletzten wie Schmidtgal und Bodzek, die zurückkehrten sind zwar trainingsfit, aber es gilt sie schnellstmöglich spielbereit zu bekommen. Das geht nur über kontinuierliches Training. Vielleicht klappt das noch nicht bis zum ersten Spiel bei 1860 München. Ich will aber nicht klagen. Ich habe hier eine leistungsbereite Mannschaft angetroffen.

Sportvorstand Helmut Schulte deutete an, dass es im Winter keine Neuzugänge gibt.
Köstner: Wir haben ja genug Spieler. Wenn man sich Gedanken macht, und die machen wir uns natürlich immer. Dann sollte man erst etwas vermelden wenn es perfekt ist.

Sie haben hier in Spanien immer betont, dass es zu ruhig sei auf dem Platz. Fehlt Fortuna ein Anführer?Köstner: Diese flachen Hierarchien, wie sie zum Beispiel bei der Nationalmannschaft gerne gesehen wird, da bin ich kein Freund von. Da habe ich lieber Spieler wie Ballack oder Effenberg, die immer wieder mal den Mund aufmachen.

Wer könnte der Ballack oder Effenberg bei Fortuna werden?
Köstner: Von der fußballerischen Qualität leider keiner. Spaß beiseite: Ich kann leider keinem befehlen, mehr zu sprechen auf dem Platz. Ich kann ja nicht die Persönlichkeit der Spieler ändern. Wir sind eindeutig zu ruhig. Manche erschrecken sich über ihre eigene Stimme. Es kostet ja keinen Cent, wenn man seine Mitspieler mit lauten, kurzen Befehlen auf dem Platz führt.

Die Mannschaft hat also ein Kommunikationsproblem?
Köstner: Ja, wenn man den Kader durchgeht, dann hat diese Mannschaft ein Kommunikationsproblem, das muss ich leider feststellen. Wir haben keinen drin, der das Heft so in die Hand nimmt. Fabian Giefer ist laut, hat dieses Selbstvertrauen, aber er ist als Torhüter zu weit weg. Spieler wie Adam Bodzek oder Andreas Lambertz machen das durch die Körpersprache, durch Aggressivität und Laufbereitschaft. Oliver Fink ist auch immer positiv in der Ansprache, aber laut ist er nicht. Wie sollen sie ihre Mannschaft führen, wenn sie sich über ihre eigene Stimme erschrecken. Ich will darauf hinaus, dass die Spieler sich auch verbal auf dem Platz mehr helfen. Leider gehen die Menschen aber nicht aus ihrer Haut heraus.

Sie haben in diesen Tagen sehr viel mit Charlison Benschop gesprochen. Er war einer der Lichtblicke in der Hinrunde. Wo soll er bei Ihnen spielen?
Köstner: Charlie Benschop ist ein positiver Typ in seiner ganzen Art. Man muss ihm als Stürmer hoch anrechnen, dass er die Rolle als hängende Spitze für die Mannschaft angenommen hat. Denn er ist eigentlich ganz klar ein Stürmertyp. Es wäre wünschenswert, wenn er diese Rolle mit noch mehr Leben füllt. Dafür braucht er noch Zeit und die bekommt er. Im Moment sucht er noch seine Sicherheit vor dem Tor. Man muss ihm auch wieder die Ruhe beim Torabschluss geben, deswegen rede ich auch so viel mit ihm. Er braucht seine innere Ruhe.

Die Linke Seite der Fortuna war und ist — auch wegen der vielen Verletzten — das Sorgenkind der Fortuna. Sie haben in der Vorbereitung viel ausprobiert. Haben Sie eine Lösung gefunden?
Köstner (lacht): „Ich habe auch noch andere Sorgen, aber es stimmt: Bellinghausen verletzt, Schmidtgal noch nicht fit, Ramirez wieder verletzt, Bomheuer verletzt. Die linke Seite war ja zwei Wochen gar nicht da. Also musste ich ausprobieren, dafür sind ja die Testspiele da. Wenn jetzt am Wochenende das erste Spiel wäre, wären Schmidtgal und Ramirez noch nicht so weit. Aber daran arbeiten wir. Die linke Seite müssen wir irgendwie selbstverständlich geschlossen kriegen.

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