Das Derby Fortuna Düsseldorf: Nichts ist schöner als ein Sieg gegen Gladbach

Düsseldorf · Fortuna Düsseldorf hat eine seltsame Beziehung zum großen Niederrhein-Rivalen. Die Geschichte der Aufeinandertreffen bietet kuriose Ereignisse. In Düsseldorf haben sich die Fohlen oft vergaloppiert.

Vor dem Pokalspiel im Bundesligajahr 2012/13 gab es noch das artige Händeschütteln. Danach ging es zur Sache und Fortuna kam eine Runde weiter.  Foto: Wolff

Vor dem Pokalspiel im Bundesligajahr 2012/13 gab es noch das artige Händeschütteln. Danach ging es zur Sache und Fortuna kam eine Runde weiter. Foto: Wolff

Foto: Wolff/CHRISTOF WOLFF

Fortuna Düsseldorf und Borussia Mönchengladbach – zwei Welten treffen aufeinander. Hier der Verein aus der Landeshauptstadt, der sich als Diva präsentiert(e), dem immer mal wieder das Vertrauen entzogen wurde und trotzdem für Leidenschaft, Verzweiflung und grenzenlose Zuneigung steht. Dort der Emporkömmling, der mit zunächst bescheidenen Mitteln gegen süddeutsche Übermacht kämpfte, einmal für Jugend und Frische stand, und dann zeitweise im Mittelmaß versank. Doch in Düsseldorf spielt der Neidfaktor eine Rolle, so dass sogar Gladbach-Hass-Klubs gegründet wurden, während das in Holland-Ost eher zurückhaltend gesehen wurde und der Hass sich mehr in Richtung Köln bewegt hat.

Die Geschichte der beiden Klubs ist reich an Aufeinandertreffen mit Legenden-Charakter. Beide Vereine sind kurz nacheinander in die Bundesliga aufgestiegen und sich danach immer wieder geschichtsträchtig begegnet. Eine der wenigen Gemeinsamkeiten war ein gemeinsames Freundschaftsspiel gegen Ajax Amsterdam, als Günter Netzer und Jupp Heynckes im Rheinstadion 1972 das einzige Mal in ihrer Karriere ein Fortuna-Trikot getragen und mit Rainer Geye und Dieter Herzog in einem Team gespielt haben. Im Rheinstadion haben die Gladbacher dann in ihrer großen Zeit zum Ärger der Fortuna öfter gespielt. Aber nicht als Drittligist wie künftig der KFC Uerdingen, sondern als die Fortuna um jeden Zuschauer kämpfen musste. Da hat der große Rivale vom Niederrhein, der im Europacup in Düsseldorf antreten musste, weil der Bökelberg nur für Provinztheater stand, im Rheinstadion zu oft das ganze Land – bis auf Düsseldorf – begeistert. Spiele gegen Real Madrid (5:1) oder der letzte europäische Titelgewinn gegen Belgrad (1978) sind Beispiele für Partien im Düsseldorfer Wohnzimmer, die die Fortuna-Fans geflissentlich zu ignorieren versuchten. Hinzu kam 1973 noch ein Pokalendspiel, in dem ausgerechnet Gladbach und Köln im Rheinstadion legendär aufeinanderprallten und 1978 das legendäre 12:0 gegen Dortmund. Noch unerfreulicher waren die Rotterdamer Fans, die 1986 nach einem erfolgreichen Besuch in Düsseldorf (2:2 gegen Gladbach) gleich auch noch die Altstadt auseinandernahmen.

Das Triumphgeschrei war immer dann groß, wenn die Fortuna den ungeliebten Nachbarn bezwingen konnte. Das gelang vornehmlich zu Hause. In Gladbach war die Bilanz eher mies, 17 Niederlagen in der Bundesliga in Gladbach stehen nur drei Remis und vier Siege gegenüber. Im Rheinstadion und in der Arena sieht das doch erfreulicher aus. Dort feierte die Fortuna zehn Siege und sechs Unentschieden in 23 Begegnungen.

Dem 4:1 gegen Gladbach folgte 1984 noch ein 4:1 gegen Bayern

Erstmals ärgerte die Fortuna in Person von Rainer Geye die Borussia, als er mit seinem Tor im Mai 1974 am vorletzten Spieltag dem Nachbar die Meisterschaft verdarb. So ging auch der 20. Januar 1984 in die Fortuna-Geschichte ein, als die Fortuna mit Gladbach-Legende Wolfgang Kleff im Tor durch Treffer von Atli Edvaldson, Manfred Bokenfeld, Rudi Bommer und Günther „Schädel“ Thiele die Nachbarn 4:1 bezwingen konnte. Uwe Rahn erzielte dann noch den Ehrentreffer der Gäste. Und anderthalb Wochen später folgte noch ein 4:1 der Fortuna gegen die Bayern.

Wo wir gerade bei Ex-Gladbachern im Fortuna-Trikot sind. Meistens hat sich das nicht ausgezahlt, Ex-Borussen nach Düsseldorf zu holen. Es gab aber Ausnahmen wie auch Frank Mill oder André Winkhold. Letzterer war mit zwei Toren an einem erneut spektakulären Sieg der Fortuna beteiligt. 1995 machte es gegen Effenberg & Co. richtig Spaß, den Favoriten zu ärgern. Winkhold traf tatsächlich zweimal gegen seinen Ex-Klub, was dem Außenverteidiger vorher und nachher wohl nie gelungen ist. Andrzej Buncol hatte für das zwischenzeitliche 1:1 gesorgt. Besondere Schadenfreude empfanden die Fortuna-Fans damals, weil Michael Klinkert noch zum vermeintlichen 3:3 korrekt per Kopfball ausgeglichen, der Schiedsrichter aber das Tor nicht gegeben hatte.

Wer will gegen ein Team verlieren, das nur weit einwerfen kann?

Die Geschichte am Rande war, dass sich Martin Dahlin, Kalla Pflipsen und auch Stefan Effenberg noch mit Ordnern angelegt hatten, die nicht wollten, dass die Gladbacher zur Pause das Spielfeld über den mittleren Eingang verließen. Es gab sogar hinterher Tränen beim Chef-Ordner, weil die unverschämten Gäste sich auch noch handgreiflich betätigt hatten. Ein Jahr später sorgte Gladbachs Trainer Bernd Krauss nach Borussias 0:1-Niederlage und einem Elfmetertor von Carlo Werner für den Spruch des Tages: „Eigentlich darf man nicht gegen eine Mannschaft verlieren, die nur weit einwerfen und weit schießen kann.“

Auch im Pokal gab es Spiele gegeneinander, 2012 gewann Bundesliga-Aufsteiger Fortuna gegen Gladbach mit 1:0. Torschütze war auch hier ein Ex-Gladbacher – Nando Rafael. Beim letzten Aufeinandertreffen im Pokal mit heftiger Pyro-Show der Gäste spielte die Fortuna 2017 zu Hause mit Wolf, Hoffmann, Bormuth, Gießelmann, Sobottka, Zimmer, Raman, Fink und Hennings, die alle heute noch bei Fortuna sind. Niko Gießelmann verschoss nach dem entscheidenden Treffer von Torgan Hazard noch einen Elfmeter. Für Fortuna war zudem noch Florian Neuhaus aktiv, der jetzt wohl der einzige Borusse am Samstag auf dem Rasen sein wird, den die Fans nicht auspfeifen werden. Ansonsten wird die Borussia wieder die besondere Zuneigung der Fortuna-Fans zu spüren bekommen. Denn nichts ist für sie schöner als ein Erfolg gegen den verhassten Nachbarn.

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