Der Gegner: Endzeitstimmung für den Hauptstadt-Klub

Die Mannschaft bricht bei Abstieg auseinander. Nur Torwart Kraft will bleiben.

Düsseldorf. Die Nerven liegen blank bei Hertha BSC Berlin. Mitten im Abschlusstraining vor dem Relegations-Rückspiel bei Fortuna Düsseldorf gerieten Christian Lell und Änis Ben-Hatira heftig aneinander. Lell hatte den Deutsch-Tunesier mehrmals hart attackiert. Dieser rastete schließlich aus und versuchte, Lell einen Kopfstoß zu versetzen. Trainer Otto Rehhagel musste die Übungseinheit unterbrechen, sein Assistent René Tretschok die zwei Streithähne verbal bremsen.

Es herrscht fußballerische Endzeitstimmung in Berlin. Endzeitstimmung bei einem Verein, der sich wegen seiner Hauptstadtlage stets als viel wichtiger interpretiert, als er in Fußball-Deutschland wahrgenommen wird.

Dort gilt er eher als graue Maus und genau dieses (Horror-)Szenario droht nun bei dem wohl kaum noch zu verhindernden Abstieg sogar auf lange Zeit. „Wenn wir den Klassenerhalt nicht schaffen sollten, dann heißt es, sich auf mehrere Jahre im Unterhaus einzustellen. Wir könnten ein ganz grauer Zweitligist werden“, sagte Aufsichtsratsmitglied Andreas Schmid.

Mehr noch. Der Anspruch, im Fußball von Berlin die Nummer eins zu sein, würde erheblich ins Wanken geraten. Der 1. FC Union aus Köpenick hat infrastrukturell wie sportlich in den vergangenen Jahren mächtig aufgeholt. Hertha aber müsste deutlich abspecken. In der Zweiten Liga ist von einer Halbierung der Sponsorengelder auszugehen, Einnahmen aus dem TV-Vertrag und für Eintrittskarten fallen geringer aus.

Zu gering, um den teuren Kader halten zu können. „Ich bleibe“, sagte Torhüter Thomas Kraft und versuchte, ein Zeichen zu setzen. Lell, Ottl, Ramos oder Raffael aber haben Verträge, die Hertha selbst bei einem Bekenntnis der Spieler zum Klub gar nicht mehr erfüllen könnte. Die Mannschaft bricht auseinander, an Ramos und Raffael soll Gladbach interessiert sein.

Die Fans an der Spree haben offenbar schon resigniert. Nur noch 100 Fans wollten das Scharmützel-Training sehen. Zwei Tore müssen in Düsseldorf auf jeden Fall her, doch wer in diesem offensiv so harmlosen Team soll die erzielen, jetzt da mit Pierre-Michel Lasogga der beste Angreifer mit Kreuzbandriss fehlt.

Michael Preetz wäre so einer, nur hat der 44-Jährige, der für die Hertha in 227 Spielen 93 Treffer machte, seine Fußballschuhe 2003 an den Nagel gehangen. Sollte er heute ausgerechnet in seiner Geburtsstadt absteigen, sind auch seine Tage als Manager der Berliner gezählt. Nicht wenige lasten ihm die Talfahrt an, seit er im Dezember Trainer Markus Babbel auf dem elften Platz liegend entließ.

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