Hannover 96 überrascht die Fans - und sich selbst

Hannover (dpa) - Wer hätte gedacht, dass Hannover 96 auch noch im Viertelfinale der Europa League dabei ist und sich dort mit dem spanischen Topclub Atlético Madrid messen darf? Wohl niemand - nicht einmal die Hannoveraner selbst.

Auch Trainer Mirko Slomka staunte nach der rauschenden Europa-League-Nacht über den unerwarteten Erfolg seiner Mannschaft und sagte stellvertretend: „Wir sind mit Hannover 96 im April noch international dabei, wer hätte das vorher gedacht?“

Nach dem 4:0 im Achtelfinal-Rückspiel gegen Standard Lüttich bescherte die Auslosung am Freitagmittag den neunmaligen spanischen Meister Atlético als nächste Aufgabe. Keine Frage, der Club des derzeit verletzten ehemaligen Bundesligaprofis Diego ist „eindeutig Favorit“. Das sieht nicht nur Slomka so. Doch nach den vergangenen berauschenden Europapokal-Auftritten wächst in Hannover die Gewissheit, es mit jedem Gegner aufnehmen zu können - auch mit dem Europa-League-Sieger von 2010.

„Wer aber unsere Spiele zuletzt gesehen hat, sieht: Wir dürfen mit Mut nach Madrid fahren. Wir werden nicht ehrfürchtig auftreten. In der AWD-Arena ist eh alles möglich“, sagte Slomka. Der 96-Vorteil ist, am 29. März im Hinspiel zunächst im Estadio Vicente Calderón in der spanischen Hauptstadt antreten zu dürfen. „Wir gehen das voller Zuversicht an. Die Mannschaft hat in diesem Wettbewerb großes Selbstbewusstsein und starke Leistungen gezeigt. Deshalb ist für 96 auch das Halbfinale möglich“, bekräftigte Clubchef Martin Kind.

In der Vorschlussrunde würde entweder der FC Valencia oder AZ Alkmaar warten. Ein deutsches Duell wäre erst im Finale am 9. Mai in Bukarest möglich. Bundesligakonkurrent Schalke 04 bekommt es mit Athletic Bilbao im Viertelfinale zu tun.

Für Hannover scheint derzeit vieles möglich. Der Außenseiter aus Niedersachsen, der erst das zweite Mal in einem UEFA-Wettbewerb spielt, begeisterte gegen Lüttich mit einem Sturmlauf. „Das ist fantastisch“, schwärmte Slomka. Und er wunderte sich selber über die unerwartet lange Reise durch Europa. „Überhaupt noch in den Lostöpfen zu sein, ist eine Feierstunde“, konstatierte der Coach. Und die 96-Profis haben noch lange nicht genug. „Der Traum geht weiter“, prophezeite Innenverteidiger Mario Eggimannn.

Wer vorhergesagt hätte, dass Hannover in die Runde der letzten acht Teams stürmt und dabei in zwölf Spielen nur ein einziges Mal verliert, wäre wohl als Träumer abgetan worden. „Alle haben gesagt: Jetzt sind die auch mal wieder dabei, aber nur kurz“, fasste Sportdirektor Jörg Schmadtke die Erwartungshaltung der Fußballfans zusammen. Ähnlich formulierte es Jan Schlaudraff: „Das hat uns kaum einer zugetraut.“

Hannover hat ein überraschendes Steigerungspotenzial bewiesen. Im Vergleich zur bisher einzigen Europa-League-Niederlage, dem 0:2 im Gruppenspiel in Lüttich, wird das besonders deutlich. „Wir haben dazugelernt“, durfte Slomka auch sich selber loben: „Wir haben die richtigen Schlüsse gezogen.“

Die Mannschaft sei gereift, analysierte der 96-Coach. „Sie glaubt an sich und ihre Stärke“, sagte der Trainer und schob fröhlich noch eine schöne Pointe hinterher: „Und manchmal glaubt sie auch an ihren Trainer - das ist auch ganz schön.“

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