BVB-Spektakel in Norwegen - Tuchel: „Ich war entsetzt“

Skien (dpa) - Thomas Tuchel war sichtlich erleichtert, aber selbst Minuten nach dem Spektakel nicht wirklich entspannt. Das verrückte 4:3 (1:3) seiner Mannschaft im Playoff-Hinspiel der Europa League beim norwegischen Außenseiter Odds BK gab dem neuen Trainer von Borussia Dortmund heftig zu denken.

BVB-Spektakel in Norwegen - Tuchel: „Ich war entsetzt“
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Mit gequältem Lächeln kommentierte er die historische Aufholjagd - nicht nur mit freundlichen Worten: „Ich war entsetzt, wie einfach das ging, gegen uns Tore zu erzielen.“ Auch Kapitän Mats Hummels übte bei aller Freude über das Happy End Kritik: „Es war ein Katastrophenstart, wie ein schlechter Film.“

Noch auf dem nächtlichen Rückflug in der nur 30-sitzigen Turboprop herrschte Rätselraten, wie es zu dem 0:3-Rückstand binnen nur 22 Minuten kommen konnte. Die im Vergleich zum famosen Auftritt beim Bundesligaauftakt gegen Mönchengladbach (4:0) von Tuchel auf fünf Positionen veränderte Startelf offenbarte längst überwunden geglaubte Schwächen in der Defensive. Sportdirektor Michael Zorc kündigte eine weitere Aussprache an: „Wir können jetzt nicht den Mantel des Schweigens über diese erste Halbzeit legen. Das war zwischenzeitlich ein Schockzustand.“

4:3 nach 0:3: BVB dreht verrücktes EL-Hinspiel
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4:3 nach 0:3: BVB dreht verrücktes EL-Hinspiel

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Was folgte, trug zur Beruhigung bei und geht in die Vereinschronik ein. Erstmals in seiner Europapokal-Historie holte der BVB einen Drei-Tore-Rückstand auf. Dieser ungewöhnlichen Dramaturgie konnte Tuchel vor allem in einer Hinsicht positive Seiten abgewinnen. Denn eine bessere erzieherische Maßnahme für seine Profis hätte sich der Klopp-Nachfolger zu Beginn seiner Amtszeit kaum wünschen können: „Wir sind in der Lage, uns zu schütteln und mit Rückschlägen umzugehen. Das haben wir jetzt neben dem Sieg auf der Habenseite. Insofern hatte die Partie etwas sehr Positives für die Entwicklung der Mannschaft.“

Dank der Tore von Pierre-Emerick Aubameyang (34./76.), Shinji Kagawa (47.) und Henrich Mchitarjan (84.) würde im Rückspiel am kommenden Donnerstag sogar eine knappe Niederlage mit weniger als vier Gegentoren den Weg in die Gruppenphase der Europa League ebnen. Dass den tapferen Norwegern in Dortmund ein weiterer Coup gelingt, erscheint angesichts der drückenden Überlegenheit des BVB im Skagerrak-Stadion jedoch unwahrscheinlich. 22:5 Torschüsse und vier Aluminium-Treffer dokumentierten das Kräfteverhältnis. „Ich habe mich am Ende geärgert, dass wir nicht noch das fünfte oder sechste Tor gemacht haben“, sagte Hummels.

Trotz des späten Sieges gab es beim BVB gleich zwei Verlierer. So erwies sich der eigentlich als Mittelfeldspieler eingekaufte, aber in Skien auf der Außenverteidigerposition eingesetzte Gonzalo Castro als Unsicherheitsfaktor und wurde zur Halbzeit ausgewechselt. Wie der Zugang aus Leverkusen konnte sich auch Torhüter Roman Weidenfeller nicht für einen Stammplatz empfehlen. Der Weltmeister patzte beim 0:3 und bestätigte Tuchel damit in seiner Entscheidung zugunsten von Roman Bürki als etatmäßige Nummer 1.

Vor dem 0:1 durch Jone Samuelsen (1.) ließ sich Castro von seinem erst 17-jährigen Gegenspieler Rafik Zekhnini auf der rechten Abwehrseite düpieren und trug damit dazu bei, dass der BVB erneut einen Treffer in der ersten Spielminute hinnehmen musste.

Dieses Missgeschick war der Mannschaft schon in der vorigen Bundesliga-Saison gleich viermal passiert. Entsprechende Hinweise von Journalisten kommentierte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke entnervt: „Ich verspreche Ihnen, dass Sie das in dieser Saison nicht mehr allzu häufig erleben werden.“

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