Zum 1:0 gegen Portugal: Mats macht’s möglich

Jogi Löw entscheidet sich gegen Per Mertesacker und wechselt mit dem Dortmunder Hummels den Erfolg ein.

Lemberg. Mats Hummels behielt den Kopf oben. Der Blick war starr geradeaus gerichtet, was gar nicht so leicht fällt, weil die Zone, durch die die Spieler an den Journalisten vorbei rauschen müssen, eine ziemlich kurvige Angelegenheit ist.

Aber Hummels sendete das Signal allen Mühen zum Trotz: Sprecht mich bloß nicht an. Es waren die Momente nach dem 1:0-Sieg gegen Portugal im ersten EM-Spiel, das Hummels Karriere auf den Kopf stellen wird.

Vom national kritisierten Wackelkandidaten zum Stammspieler, womöglich zum Leistungsträger der Nationalelf. Fußball geht so: Ein Spiel, tausend Zweifel. Ein nächstes: blühende Landschaften.

Es war sein erstes gutes Länderspiel, aber es war wichtig. Das geht auch Hummels zu schnell, obwohl er als Sohn von Bayern-Jugendtrainer Hermann Hummels und ZDF-Sportreporterin Ulla Holthoff dieses Spannungsfeld zwischen Sportlern und Besserwissern längst kennen müsste. Am Sonntag nach der Ankunft im Teamquartier in Danzig stellte er sich dann doch.

„Ohne Zögern“, wie Mediendirektor Harald Stenger schnell anmerkte, weil er retten wollte, was Hummels in einem wunderbaren Moment der Ehrlichkeit losgetreten hatte. Ja, ihn hatten all diese Negativschlagzeilen genervt, und ja, er habe nach diesem Spiel gegen Portugal kein gesteigertes Interesse verspürt, sich zu äußern.

„Das ist meine Art, damit umzugehen“, sagte Hummels trotzig, der Deutschlands bester Spieler und ein Rettungsanker war, ohne den die Löw-Mannen nicht mit dem ersehnten Sieg in das EM-Turnier gestartet wären.

„Warum Hummels und Badstuber im Nationalteam so schwer zusammenkommen“ — so war der Text im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ überschrieben, der des 24-Jährigen Nerv getroffen hatte.

Eine Woche nach Erscheinen des Artikels spielten die beiden Protagonisten zusammen in der Innenverteidigung, und es war — bei allem Elend um sie herum — ein kleines Defensivfest. „Großartig“, befand der Bundestrainer, „sensationell“, nannte das Lukas Podolski, und Per Mertesacker musste hernach erklären, wie er denn, bitte schön, zurück in diese Abwehr kommen wolle

„Ich muss jetzt erst mal auf mich schauen“, sagte er, was das letzte Kompliment für Hummels und Badstuber war, die beide aus der Jugend des FC Bayern stammen — aber zumeist in unterschiedlichen Jahrgängen spielten. Hummels Tenor war auf Maß ausgerichtet: Nach einem Spiel sei nichts zu bewerten.

Gegen die Niederlande hat er Gelegenheit: Sein möglicher Gegenspieler Robin van Persie hatte mit Arsenal London in der Champions League gegen Dortmund getroffen. Und gegen Hummels. Aus einer Zeit, in der er noch ganz wenig Dortmund ins Nationalteam hin-überretten konnte.

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