Wales-Trainer vor Russland-Spiel: Fans sollen sich nicht sorgen

Toulouse (dpa) - In dem Duell Russland gegen Wales steckt nicht nur sportliche Brisanz. Nach den schlimmen Krawallen zwischen englischen und russischen Fans vor gut einer Woche in Marseille werden rund um die Partie der Fußball-EM am Montag in Toulouse (21.00 Uhr) neue Ausschreitungen befürchtet.

Wales-Trainer vor Russland-Spiel: Fans sollen sich nicht sorgen
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Trotzdem sollen sich die walisischen Fußballfans keine Sorgen machen, sagte Wales-Trainer Chris Coleman. „Macht was ihr immer tut“, forderte er die eigenen Anhänger auf: „Genießt das Spiel, genießt die Atmosphäre, am besten zusammen.“ Zu den russischen Gewalttätern sagte er: „Es ist leider eine Minderheit.“

Erst vor wenigen Tagen hatten russische Hooligans eine Gruppe Waliser angegriffen, als beide Teams ihre Partien innerhalb von 24 Stunden in den benachbarten Städten Lens und Lille absolvierten. Zudem stehen die russischen Fans weiter unter Beobachtung der UEFA: Bei einem erneuten schweren Fehlverhalten droht der Mannschaft der Turnierausschluss.

„Es geht nur um Fußball“, sagte Coleman und lobte das bisherige Auftreten der eigenen Anhängerschaft: „Unsere Fans repräsentieren unser Land wie unsere Mannschaft. Bisher haben sie mit allen zusammen gefeiert, mit Franzosen oder mit den Slowaken.“ In Frankreich sind mehr als 20 000 walisische Fußballfreunde unterwegs.

„Die Gewalt war in der Vergangenheit“, sagte der russische Trainer Leonid Sluzki. „Jetzt gibt es Sicherheitsvorkehrungen. Wenn die helfen, wäre es gut, dann können unsere Fans uns unterstützen.“ Der Spieler Fiodor Smolow meinte zum Thema Gewalt: „Das sollte nicht weitergehen.“ Der Profi aus Krasnodar sagte aber auch: „Es gibt viele Videos, die klar zeigen, dass die englischen unsere Fans provoziert haben.“

Nicht nur sportlich steht der WM-Gastgeber von 2018 unter gewaltigem Druck. Auch gegen Wales mit Superstar Gareth Bale spielt die Sbornaja auf Bewährung und muss bei einem erneuten Fehlverhalten der eigenen Fans den Turnierausschluss fürchten.

Der droht allerdings auch auf sportlichem Weg: Bei einem Remis oder einer Niederlage gegen den EM-Neuling ist die Fußball-Europameisterschaft für die ambitionierte Sportgroßmacht bereits nach der Gruppenphase beendet.

Bei einem Sieg dagegen und einem Erfolg Englands gegen die Slowakei wäre die Auswahl um den Schalker Bundesliga-Profi Roman Neustädter plötzlich Gruppenzweiter - und möglicherweise sogar der Achtelfinal-Gegner von Weltmeister Deutschland. „Die Situation ist sehr komplex“, formulierte es Nationaltrainer Leonid Sluzki vor dem Alles-oder-Nichts-Spiel. Für den Coach geht es auch um seinen Job: Ein Vorrunden-Aus zwei Jahre vor der WM im eigenen Land dürfte ihm die sportliche und politische Führung des Landes kaum verzeihen.

„Wir haben jetzt den Anspruch an uns selbst, das letzte Spiel gegen Wales zu gewinnen. Dann haben wir vielleicht noch die Chance, in die nächste Runde einzuziehen - mehr zählt erstmal nicht“, sagte Neustädter. Der kurz vor EM-Beginn eingebürgerte Schalker steht sinnbildlich für das bisher behäbig-träge Auftreten der gesamten Elf. Zum Auftakt gegen England gelang der glückliche Ausgleich in letzter Minute, im zweiten Spiel gegen die Slowakei setzte es ein 1:2.

Vor allem Neustädter, der nach einem schwachen Auftritt zur Pause vom Platz musste, bekam heftige Kritik zu hören. Als Hoffnungsträger gekommen, droht er als Verlierer früh wieder aus Frankreich abreisen zu müssen. „Ich habe mir das natürlich auch anders vorgestellt“, schrieb Neustädter in seinem Internet-Blog. „Von mir wird mehr erwartet und ich erwarte auch selbst mehr von mir. Ich werde mit dem ganzen Team gegen Wales alles daran setzen, zu gewinnen.“

Die Waliser träumen vom Achtelfinale - und können sich mit einem Sieg aus eigener Kraft sicher in die K.o.-Runde schießen. Sogar ein Remis oder eine Niederlage ließe Bale & Co. bei entsprechenden Ergebnissen der Konkurrenz noch eine Chance auf das Weiterkommen. „Wir haben das Schicksal in der eigenen Hand“, sagte der Ausnahmestürmer von Real Madrid und betonte: „Wenn uns das jemand vor Turnierbeginn so zugesagt hätte, hätten wir es sofort angenommen.“

Coleman will aber trotz der guten Konstellation nicht auf Unentschieden spielen „Es gibt so viele Szenarien“, sagte der Coach und forderte: „Man sollte darüber nicht nachdenken, sonst verliert man den Fokus.“

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