Kimmich: Von Guardiolas Zögling zu Löws Joker

Paris (dpa) - Nach seinem starken Turnier-Debüt umarmte Joshua Kimmich seinen Gegenspieler Stuart Dallas und holte sich von seinen Kollegen ein paar Schulterklopfer ab.

Kimmich: Von Guardiolas Zögling zu Löws Joker
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Mit einer überzeugenden Leistung und schon erstaunlicher Reife hat der Jungprofi vom FC Bayern kräftig dazu beigetragen, dass Fußball-Weltmeister Deutschland als Gruppensieger ins EM-Achtelfinale eingezogen ist. „Jo hat das sehr gut gemacht. Er hat große Laufwege verrichtet und gute Flanken geschlagen. Ich war absolut zufrieden mit dieser Leistung auf der großen Bühne“, lobte Joachim Löw.

„Der Trainer kam vor zwei Tagen zu mir und hat gesagt, dass er überlegt, mich rechts hinten zu bringen. Gestern hat er es mir dann gesagt“, berichtete Kimmich, der dem Druck beim 1:0-Sieg gegen Nordirland in Paris bravourös standhielt.

Der Länderspiel-Frischling war in seiner ersten Turnierpartie sofort im Geschäft, gewann seine ersten beiden Zweikämpfe. „Klar ist es etwas Besonderes“, beschrieb Kimmich den Sprung in den EM-Kader. Der gebürtige Baden-Württemberger hat viele Jugend-Nationalteams durchlaufen. „Da ist es natürlich immer das Ziel, in die A-Mannschaft zu kommen“, sagte der 21-Jährige. Erst beim 1:3 im Unwettermatch gegen die Slowakei in der EM-Vorbereitung hatte Kimmich sein erstes Länderspiel bestritten.

Gegen Nordirland zog Bundestrainer Löw die Bayern-Entdeckung der Saison als Überraschungs-Joker und hatte für ihn gleich eine besondere Rolle reserviert. Kimmich agierte praktisch als rechter Flügelstürmer, wurde immer wieder in das Offensivspiel einbezogen. Vor allem seine gefährlichen Eingaben belebten das deutsche Spiel. Kimmich benannte aber auch das große Manko: „Wir hätten viel mehr Tore schießen müssen.“

Schon bei Bayern hat der Zögling des scheidenden Trainers Pep Guardiola alles gespielt - Linksverteidiger, rechts in der Abwehrkette, zentraler Verteidiger und auch im defensiven Mittelfeld. „Das hilft einem sehr, dass man das Spiel aus verschiedenen Blickwinkeln sieht“, bemerkte der 1,76 Meter große Kimmich.

Viel hat der Münchner Aufsteiger der Saison Guardiola zu verdanken. „Er hat mit viele Räume gezeigt, die ich vorher gar nicht gesehen haben“, berichtete Kimmich. „Allgemein ist es schon ein Vorteil, auf vielen Positionen spielen zu können“, sagte der Jung-Nationalspieler.

Löw beorderte Kimmich nun sogar noch weiter nach vorn - und durchaus mit der erhofften Wirkung. An der ersten großen Chance von Thomas Müller (7. Minute) war der Turnier-Neuling ebenso beteiligt wie an der zweiten Gelegenheit seines Münchner Clubkollegen (23.). Und auch Müllers Pfosten-Kopfball (27.) ging eine Flanke von Kimmich voraus. Eine der vielen Großchancen von Mario Götze (53.) resultierte ebenfalls aus der Vorarbeit des Rechtsaußens. Und auch für die letzte Möglichkeit von Mario Gomez zeichnete Kimmich verantwortlich.

Kimmich ist beim VfB Bösingen großgeworden, wechselte als Zwölfjähriger zum VfB Stuttgart. Über den ehemaligen Zweitligisten RB Leipzig kam er im Sommer des Vorjahres zum FC Bayern. „Die eine oder andere frische Kraft würde uns gegen Nordirland gut tun“, hatte Löw angekündigt. Kimmich, der den Bundestrainer höflich als „Herr Löw“ bezeichnete, war diese frische Kraft.

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