Frankreichs „Président“ Blanc tritt enttäuscht ab

Kiew (dpa) - „Le Président“ dankt ab, nun soll der Kapitän regieren. Nur zwei Jahre nach dem WM-Chaos von Südafrika muss Frankreichs Fußball durch den Rücktritt von Trainer Laurent Blanc schon wieder einen harten Neustart stemmen.

Enttäuscht von mangelnder Unterstützung des Verbands FFF lehnte der 46-Jährige am Wochenende nach dem EM-Viertelfinalaus ein Angebot zur Verlängerung seines auslaufenden Vertrags ab. „In unseren Gesprächen ist es uns nicht gelungen, eine gemeinsame Basis für die Leitung des französischen Nationalteams zu finden“, schrieb Blanc 48 Stunden nach erfolglosen Verhandlungen mit FFF-Präsident Noël Le Graët in einer Stellungnahme. „Er schließt das Kapitel der vergangenen zwei Jahre mit einem bitteren Geschmack“, analysierte die Zeitung „Le Dauphiné Libéré“.

Nicht nur UEFA-Präsident Michel Platini würde das Schicksal der Équipe Tricolore nun am liebsten bei der Weltmeistergeneration von 1998 belassen. Der frühere Spielführer und Blancs Ex-Teamkollege Didier Deschamps ist Favorit für die Nachfolge. „Wenn Blanc geht, wäre Deschamps sicher ein guter Kandidat, wie andere auch. Er kennt den Laden ganz gut“, erklärte Platini.

Als „wirklich schade“ wertete Frankreichs Legende den Abgang Blancs, „die Mannschaft hat sich unter ihm weiterentwickelt.“ Im Anschluss an das Vorrundenaus bei der WM 2010 hatte Blanc das Amt von Raymond Domenech übernommen, sein Team blieb zeitweise in 23 Spielen nacheinander ungeschlagen.

Auch beim EM-Turnier in Polen und der Ukraine erfüllten die Spieler durch den Einzug in das Viertelfinale gegen Spanien zwar die sportlichen Verbandsziele. Mit Eskapaden wie der Journalisten-Beleidigung von Samir Nasri beschädigten sie aber auch das gerade erst aufgebaute positive Image bei den Fans. In einer Umfrage des „Journal du Dimanche“ bekannte nur noch ein Fünftel der Befragten, dass es die Équipe sympathisch finde, vor der Euro waren es noch 56 Prozent. Er wolle seinen Spielern für ihr Engagement danken, schrieb Blanc, „auch wenn nicht immer alles perfekt war“.

Eine sofortige Anstellung bei den Tottenham Hotspur oder Inter Mailand gilt als eher unwahrscheinlich - chancenreicher erscheinen die Anbahnungen zwischen Deschamps und dem FFF. Der 43-Jährige hatte aufgrund der Sparzwänge bei seinem Club Olympique Marseille und internen Streitigkeiten erklärt, dass er den bis 2014 laufenden Kontrakt nicht erfüllen wolle: „Es ist unmöglich, unter diesen Bedingungen zu arbeiten.“ Unklar ist allerdings, ob OM seinen angesehenen Trainer freigibt und der französische Verband zur Zahlung einer Ablöse von 3,5 Millionen Euro bereit ist.

Sparmaßnahmen ließen schon die Gräben zwischen Verbandsboss Le Graët und Blanc wachsen, besonders die geforderte Reduzierung des Betreuerstabs verärgerte den „Präsident“ genannten früheren Abwehrchef. „Eine große Verschwendung“ nannte der frühere Bayern-Verteidiger Bixente Lizarazu das Aus Blancs, „keiner hat den ersten Schritt gemacht. Es ist ein wenig wie in einer Liebesbeziehung, in der man als erster "Ich liebe dich" sagen muss. Keiner hat es gesagt, und man sich trennt sich.“

Neben der Trainersuche, in der Omans Coach Paul Le Guen als Außenseiter gilt, stehen auch die weiteren Aufräumarbeiten vor dem Testspiel gegen Uruguay am 15. August und der anschließenden WM-Qualifikation erst noch bevor. Das Exekutivkomitee des Verbands könnte bei einem Treffen zu Beratungen am Dienstag ebenfalls ein Verfahren gegen Nasri und drei weitere Profis einleiten.

Dem Mittelfeldspieler von Manchester City, der seine wüste Beschimpfung eines Reporters inzwischen öffentlich bereut hat, droht nach Medienberichten eine Verbannung von bis zu zwei Jahren. „Wenn ich jedes Mal gesperrt worden wäre, wenn ich einen Journalisten beleidigt habe, hätte ich nicht viele Länderspiele gemacht“, meinte Platini mit einem Augenzwinkern, „er muss bestraft werden, aber eine Sperre von zwei Jahren ist lächerlich.“

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