„Europa zittert“: Spanien in der Rolle des Topfavoriten

Nizza (dpa) - Spanien feiert „La Furia Roja“, als habe die Mannschaft von Trainer Vincente del Bosque bereits ihren Titel bei der Fußball-EM verteidigt.

„Europa zittert“: Spanien in der Rolle des Topfavoriten
Foto: dpa

„So spielen die Meister“, schrieb die Sportzeitung „Marca“ nach dem glanzvollen 3:0 (2:0)-Erfolg gegen die Türkei. Ein Punkt im letzten Gruppenspiel gegen Kroatien am Dienstag in Bordeaux würde Andrés Iniesta und Co. nun bereits genügen, um als Gruppenerster ins Achtelfinale einzuziehen.

Damit würden die Iberer im leichteren Turniertableau weiterspielen und zunächst auf einen Gruppendritten treffen. Und sie könnten Italien aus dem Weg gehen, falls sich die Squadra Azzurra wie erwartet ebenfalls als Gruppensieger durchsetzt. „Europa zittert, das wunderbare Spanien ist zurück“, titelte selbst die „La Gazzetta dello Sport“ über den Europameister von 2008 und 2012.

Wenn es überhaupt eines Beweises dafür bedurfte, dass das peinliche Vorrunden-Aus bei der WM in Brasilien vor zwei Jahren nur ein trauriger Ausrutscher war, dann lieferte ihn Spanien nun im zweiten Spiel in Nizza. Angetrieben von einem wieder einmal überragenden Iniesta, von dessen 99 Pässen 93 bei einem Mitspieler landeten, wurden die Türken phasenweise vorgeführt.

„Die WM war eine Ausnahme für alle Spieler, Fans und für unser Land“, sagte der Stratege vom FC Barcelona. „Wir hätten damals nicht gedacht, dass sie so für uns endet. Aber die Antwort der Mannschaft war sehr positiv in den ersten zwei Spielen.“

Und so schwärmt die Fußball-Welt von einer Mannschaft, die diesem bisher so grauen Turnier etwas Glanz verleiht. „Der Coup der Meister“, titelte „Mundo Deportivo“. Und die französische „L'Èquipe“ schrieb: „Quelle Fiesta“. Für „Marca“ hatte die Vorstellung des Weltmeisters von 2010 höchsten Unterhaltungswert: „Es war, als ob man mit Kindern und Großeltern zum Cirque de Soleil ginge. Einfach zum genießen.“

Seit 14 Partien sind die Spanier bei EM-Endrunden nun schon unbesiegt, seit sieben Begegnungen haben sie nicht einmal ein Gegentor hinnehmen müssen. Und: Sie haben ihren „Goleador“ gefunden: Alvaro Morata von Juventus Turin traf zweimal, außerdem empfahl sich der quirlige Nolito von Celta Vigo mit seinem Treffer.

Lange hatte man sich in Spanien gefragt, wer die Nachfolge von David Villa und Fernando Torres antreten könnte. Beim mühsamen 1:0-Auftaktsieg gegen Tschechien hatte Innenverteidiger Gerard Piqué als Torschütze herhalten müssen. Jetzt erlebten die 33 409 Zuschauer im Stade de Nice nicht nur eine spielerische Demonstration des Favoriten, sondern auch die Lust am Toreschießen.

„Ich glaube, wir haben ein großes Spiel gemacht“, sagte Morata. „Jetzt wollen wir das letzte Spiel gewinnen - und alles gewinnen.“ Bei aller Freude über seine beiden Treffer blieb der 23-Jährige aber bescheiden. „Ich habe ja schon oft gesagt, dass ich früher alle Spiele von Spanien im Fernsehen gesehen habe. Jetzt auf dem Platz zu stehen und zu genießen, wie die Mannschaft spielt, das ist ein Traum für mich.“

Trainer del Bosque ließ sich von der Euphorie und den überschwänglichen Schlagzeilen wie gewohnt nicht anstecken. „Wir haben unser erstes Ziel erreicht, das Achtelfinale. Und wir haben das Spiel fast 90 Minuten lang kontrolliert“, sagte der 65-Jährige. „Aber wir haben noch nichts erreicht.“

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