BVB-Trio nach EM-Aus geschockt - Rätselraten um Smuda

Breslau (dpa) - Es war schon weit nach Mitternacht, als die Polen geschlossen das Stadion in Breslau verließen. In schwarzen Anzügen, mit leeren Blicken und hängenden Köpfen liefen die Spieler in Richtung Ausgang.

Die Szene glich einem Trauermarsch, nachdem der Traum vom Einzug ins Viertelfinale der Heim-EM jäh geplatzt war. „Mir fehlen die Worte. Wir sind alle sehr enttäuscht“, stammelte der Dortmunder Robert Lewandowski in die Mikrofone. „Wir hatten die Chance auf ein Viertelfinale gegen Deutschland. Das haben wir leider nicht geschafft“, sagte der Torjäger von Borussia Dortmund.

Für ihn und seine beiden schwarz-gelben Teamkollegen Jakub Blaszczykowski und Lukasz Piszczek war es nach der traumhaften Double-Saison der erste sportliche Rückschlag seit langem, für die polnische Nation ein Stich ins Herz. „Alle haben viel erwartet. Das ganze Land. Als wir mit dem Bus zum Spiel gefahren sind, haben alle gefeiert. Jetzt sind alle enttäuscht“, sagte Verteidiger Piszczek, der im Regen von Breslau einen rabenschwarzen Tag erwischt hatte.

Ausgerechnet im „wichtigsten Spiel ihres Lebens“ zeigten die Polen ihre schlechteste Turnierleistung. Abgesehen von einer elanvollen Anfangsphase mit einigen guten Torchancen war vom EM-Gastgeber nicht viel zu sehen. „Smuda und seine Spieler haben das als das wichtigste Spiel ihres Lebens bezeichnet. Wir haben es auf dem Feld leider nicht gesehen“, kritisierte die „Gazeta Wyborcza“.

Um Coach Smuda gab es nach der Begegnung viel Verwirrung. Vom Rücktritt des nicht unumstrittenen Trainers war die Rede. „Ich muss meine Position nicht aufgeben. Mein Vertrag war nur gültig bis zum Ende der EM“, sagte Smuda auf der Pressekonferenz.

Im nationalen Fernsehen sprach der 63-Jährige davon, dass die Partie gegen Tschechien „hundertprozentig das Ende meines Abenteuers mit der Mannschaft“ gewesen sei. Doch bezog sich „Abenteuer“ auf die EM? Oder auf seine gesamte Amtszeit? Auch am Sonntag blieb die Frage zunächst unbeantwortet.

Stattdessen wachte die rot-weiße Nation, die ihr Team zwei Wochen lang auf einer Woge der Begeisterung durchs Turnier begleitet hatte, mit einem heftigen Kater auf. „Der schöne Traum ist vorbei“, titelte die „Przeglad Sportowy“ in ihrer Ausgabe. „Es war das Spiel, das wir nicht verlieren durften“, meinte „Fakt“. Die Nationalflaggen an den Autos hingen am Sonntag im sommerlichen Breslau nur noch schlaff herunter. Schon am Abend zuvor hatten die Polen im ganzen Land die Fanmeilen still und geschockt verlassen.

Dabei war die Hoffnung so groß gewesen, bei dieser EM an die glorreichen 70er und 80er Jahre des polnischen Fußballes mit Helden wie Grzegorz Lato und Zbigniew Boniek anzuknüpfen. „Wir waren schon froh, dass wir nicht Spanien oder Deutschland in der Gruppe hatten. Aber es hat leider nicht gereicht“, meinte Piszczek.

Nach der Partie flog das Team geschlossen nach Warschau, ab Montag gehen die Spieler ihre eigenen Wege. „Keine Ahnung, was ich jetzt mache“, sagte Lewandowski. Auf das EM-Aus waren er und seine Kollegen nach den ordentlichen Leistungen gegen Griechenland und Russland nicht vorbereitet.

„Es wird ein paar Wochen brauchen, um den Frust abzuschütteln, doch dann können wir viel Positives aus dem Turnier ziehen“, sagte der Mainzer Eugen Polanski. „Wir hatten tolle Momente mit unseren Fans. Dafür möchten wir uns bedanken“, sagte Blaszczykowski. In der Tat hielten die Anhänger auch in der schweren Stunde des Ausscheidens zu ihrem Team. Zehn Minuten vor dem Spielende erhoben sie sich fast geschlossen von ihren Sitzen und sangen die Nationalhymne. Es war für lange Zeit die letzte polnische Fußball-Party.

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