Eine Elf in Bewegung

In Kasachstan hat Löw wieder ohne klassischen Mittelstürmer gespielt. Der Trainer hält das für eine gute Alternative.

Düsseldorf. Es ist kein großes Geheimnis, dass das Vertrauen von Joachim Löw in den Spieler Lukas Podolski gelitten hat. Des Nationaltrainers Lieblingsschüler von einst, heißt es hinter vorgehaltener Hand im Kreis der Nationalmannschaft, habe so seine Probleme, im variablen Angriffssystem der Nationalelf Schritt zu halten.

Am vergangenen Freitag, beim 3:0-Sieg im ersten Auftritt gegen Kasachstan in der WM-Qualifikation, dem am Dienstag in Nürnberg ein zweiter folgen wird, trat Podolski den Beweis an: Der 27 Jahre alte Offensivspieler von Arsenal London flankte von der linken Seite vereinzelt hoch in die Strafraummitte. Einen Abnehmer freilich fand er nicht. Weil ein echter Strafraumstürmer im System von Bundestrainer Joachim Löw an diesem Abend in Kasachstan gar nicht vorgesehen war.

Das Spiel ohne klassischen Mittelstürmer in der Fußball-Nationalmannschaft nimmt Form an, und wer sich je Gedanken darüber gemacht hat, ob Löw das System für eine ernsthafte Alternative hält, dem sei mit der Personalie Stefan Kießling geholfen. Während die Experten die Nominierung des Torjägers für die Nationalelf herbeischreien, lehnt Löw das ab. Stets diplomatisch formuliert, letztlich aber doch stoisch. Er braucht einen Spielertypen wie Kießling einfach nicht.

Der Plan ist ein anderer. Vor allem gegen Mannschaften, die sich wie Kasachstan unterlegen glauben und in der eigenen Hälfte ein dichtes Bollwerk errichten, sollen die kleinen, schnellen und variabel agierenden Mittelfeldspieler abwechselnd in die Spitze stoßen — und durch schnelles und direktes Zusammenspiel eben jenes Bollwerk aushebeln.

Alle drei Tore der klassischen Mittelfeldspieler Bastian Schweinsteiger, Thomas Müller und des verkappten „Neuners“ Mario Götze in Astana fielen diesem Plan gemäß durch direktes Zusammenspiel im Strafraum des Gegners. Auch die Nachnominierung von Patrick Herrmann passt in dieses Bild. Er könne, so sagte Bierhoff am Sonntag, „mit seiner Schnelligkeit gut in die Zwischenräume stoßen“. Und in Marco Reus — am Freitag noch gesperrt — kehrt ein weiterer Idealtyp der neuen Denke ins Team zurück.

Mario Götze jedenfalls konnte sich mit seiner Rolle als nominelle Spitze von 1,76 Metern Größe anfreunden. „Das ist eine gute Variante, die man einstreuen kann. Das macht uns noch unberechenbarer“, sagte der Dortmunder. Klar ist aber auch: Löw — verwöhnt von derart viel Qualität in seinem Kader — verfolgt einen klaren Plan von extremer Variabilität.

Zu diesem Repertoire gehört freilich auch ein klassischer Mittelstürmer. So würde es nicht überraschen, wenn Löw am Dienstag im Nürnberger Stadion Mario Gomez ins Rennen würfe. Auch, um im Abstand von nur vier Tagen beobachten zu können, wie schnell sich die eigene Mannschaft auf ein anderes System umstellen kann. Vom Gegner Kasachstan ganz zu schweigen.

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