Fortuna-Historie Fortunas Pokalheld Seel erinnert an `79

Düsseldorf · Der Saarländer im Fortuna-Trikot entschied am 23. Juni 1979 — also vor 40 Jahren — das Pokalfinale mit seinem Treffer. Wolfgang Seel hat einen besonderen Platz in der Vereinshistorie.

Es ist 40 Jahre her: Wolfgang Seel stemmt nach dem Finalsieg gegen Hertha den DFB-Pokal in die Höhe.

Es ist 40 Jahre her: Wolfgang Seel stemmt nach dem Finalsieg gegen Hertha den DFB-Pokal in die Höhe.

Foto: Horstmueller/HORSTM†LLER GmbH

Am letzten Spieltag der gerade abgelaufenen Bundesliga-Saison saßen Fortunas Helden von 1979 zusammen im Düsseldorfer Stadion und schauten sich das 2:1 gegen Hannover 96 an. Am Abend zuvor hatten sie sich im Hotel in der Arena getroffen, um bei Speis und Trank den runden Jahrestag ihrer großen Europapokal-Nacht von Basel gegen den FC Barcelona vor

40 Jahren zu feiern. Mit dabei war natürlich auch Wolfgang Seel, der dafür eigens aus seiner Heimat St. Ingbert im Saarland angereist war. "Ich habe mich sehr gefreut, die Jungs von damals alle wiederzusehen", sagte Seel.

Allerdings war dem einstigen Angreifer an diesem Abend auch die persönliche Aufmerksamkeit gewiss. Schließlich war es Seel, der die Fortuna gut einen Monat nach dem epischen 3:4 gegen Barcelona doch noch jubeln ließ. Am 23. Juni 1979 entschied er im Niedersachsenstadion in Hannover gegen Hertha BSC Berlin in der Verlängerung mit seinem Treffer das Endspiel um den DFB-Pokal und bescherte dem Verein aus Flingern damit 46 Jahre nach dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft im Jahre 1933 wieder einen Titel. "Es war das wichtigste Tor, das ich in meiner gesamten Karriere erzielt habe", meinte Seel.

Eine Karriere, die den in Kirkel geborenen Saarländer neun Jahre lang im Trikot von Fortuna Düsseldorf sah. 1973 war der für seine Loyalität bekannte Seel vom 1. FC Kaiserslautern an den Flinger Broich gewechselt. "Damals hatte der FCK Trainer Dietrich Weise regelrecht vergrault. Darüber war ich derart wütend, dass ich ebenfalls weg bin", erzählte Seel im Gespräch mit der WZ. Sechs Vereine buhlten um ihn, darunter auch Bayern München. "Ich war sogar zu Gesprächen mit Präsident Wilhelm Neudecker und Manager Robert Schwan in Bad Wiessee, aber die Fortuna hatte sich eben als erstes um mich bemüht", so Seel.

"Ich war der teuerste Spieler Deutschlands - für drei Wochen"

Seinerzeit zählte das noch etwas und so überwies die Fortuna als Ablösesumme 300 000 D-Mark in die Pfalz. "Damit war ich für drei Wochen der teuerste Spieler Deutschlands", verriet Seel unserer Zeitung lachend und ergänzte: "Dann aber haben die Bayern auch schon Jupp Kapellmann für 900 000 Mark vom 1. FC Köln geholt." Rund fünfeinhalb Jahre später musste eben dieser Kapellmann im Rheinstadion von der Ersatzbank aus mitansehen, wie Seel den Bayern beim 7:1 die entscheidenden Treffer zum 3:1 und 4:1 einschenkte. "Und das als Linksaußen. Wie ich diese Position gehasst habe", sagte Seel.

Eigentlich war der sechsfache A-Nationalspieler schließlich als offensiver Mittelfeldakteur ausgebildet worden. "Nur weil er keinen anderen hatte und ich schnell war, hat mich Fortunas damaliger Trainer Heinz Lucas dann auf Linksaußen gestellt. Dabei bin ich Rechtsfüßer", erklärte Seel. Doch just mit links erzielte er vor nun 40 Jahren das goldene Tor von Hannover und erinnert sich genau an diesen Treffer aus spitzem Winkel. "Herthas Verteidiger Uwe Kliemann hatte einen Pass abgefangen und wollte den Ball zu Torhüter Norbert Nigbur spielen. Der Rasen war jedoch ziemlich kaputt, so bekam Nigbur den hoppelnden Ball nicht zu fassen. Von seiner Brust sprang er mir direkt vor die Füße. Ich habe ihn instinktiv Richtung Tor gelenkt."

Für Wolfgang Seel auch ein Moment der persönlichen Befreiung. "Ein Jahr vorher waren wir ja ebenfalls im Endspiel und haben es gegen den 1. FC Köln auch deshalb mit 0:2 verloren, weil ich zwei glasklare Chancen vergab. Kurz zuvor hatte mich Bundestrainer Helmut Schön aus seinem Aufgebot für die WM in Argentinien gestrichen und lag mit dieser Entscheidung komplett richtig. Ich war grottenschlecht und völlig außer Form, im Endspiel gegen Hertha habe ich mir daher sehr viel Druck gemacht", sagte Seel.

Jörg Bergers Kontrollwahn jagte Seel vorzeitig vom Hof

Die Fortuna - für die Seel in 343 Spielen 74 Treffer erzielte - belohnte ihren Pokal-Helden mit einem Vertrag bis Juni 1983. Im Januar 1982 aber verließ Seel den Club vorzeitig. Für den Grund hatte die Vereinsspitze um den damaligen Präsidenten Hans-Georg Noack dem Torjäger jahrelang einen Maulkorb verpasst. Seel missfiel wie einigen Mitspielern auch der bis tief in den persönlichen Bereich hineingehende Kontrollwahn des für Pokal-Trainer Hans-Dieter Tippenhauer geholten neuen Übungsleiters Jörg Berger. "Wir sind deswegen öfter zusammengerasselt", sagt Seel auch heute nur knapp über den 2010 viel zu früh verstorbenen Berger. Seel aber zog die Konsequenz und ging zum 1. FC Saarbrücken.

"Ich hätte zwar auch weiterhin alles für den Verein gegeben. Aber mit dem Herzen wäre ich nicht mehr dabei gewesen", sagt der am Freitag 71 Jahre alt gewordene Seel. Der Liebe zur Fortuna hat das unschöne Ende allerdings nicht geschadet. "Ich habe mich sehr über den Klassenerhalt gefreut", erklärte Seel. Noch immer ist er aktiv, sichtet im Saarland als Stützpunkt-Trainer die Talente des Jahrgangs 2009. Als er die Fortuna zum Pokal-Sieg schoss, mussten diese noch 30 Jahre auf ihre Geburt warten.

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