DFB-Pokal DFB-Pokal-Finale: Der stille Abschied von Lukas Hradecky

Lukas Hradecky hat sich in seinen drei Jahren bei Eintracht Frankfurt nicht nur zu einem der besten Torhüter, sondern auch einem echten Charakterkopf entwickelt: Das DFB-Pokalfinale gegen den FC Bayern wird sein letzter Auftritt bei den Hessen.

Lukas Hradecky hat sich in seinen drei Jahren bei Eintracht Frankfurt zu einem der besten Torhüter entwickelt. Archivbild.

Lukas Hradecky hat sich in seinen drei Jahren bei Eintracht Frankfurt zu einem der besten Torhüter entwickelt. Archivbild.

Foto: Frank Rumpenhorst

Lukas Hradecky nimmt den Fußball nicht wichtiger als er ist. „Catching some balls“ (Halte einige Bälle) hat der Torwart sein Instagram-Profil (@lhradecky) überschrieben. Und als Profilbild ein Foto ausgewählt, das ihn in Business-Outfit mit einem Rotweinglas in der Hand zeigt. Sieht lässig aus. Könnte aber auch von jedem Banker aus Frankfurt statt einem Berufsfußballer der Eintracht stammen.

Aber macht ihn das nicht auch so sympathisch? Der 28-Jährige hat sich in seinen drei Jahren nicht nur bestens in der Mainmetropole eingelebt, sondern er hat auch Duftmarken gesetzt, die über die Spielfeldmarkierungen hinausgehen. Als integrativ wirkender Profi, der sein Herz auf der Zunge trägt. Einer der noch seine Meinung sagt. Geradeaus und direkt, ungefiltert und ungeschminkt.

Das DFB-Pokalfinale zwischen Eintracht Frankfurt und dem FC Bayern (Samstag 20 Uhr/ARD) wird durch die Personalie Niko Kovac, den künftigen Bayern-Trainer, überwölbt. Aber im Berliner Olympiastadion steht auf großer Bühne auch für den finnischen Nationaltorwart mit den slowakischen Wurzeln ein stiller Abschied an. Ein Sympathieträger macht bei den Adlerträgern den Abflug.

„Es ist immer schwer, etwas Bekanntes zu verlassen, aber ich finde auch, es ist Zeit zu gehen. Es macht mich stolz, dass ich zum Abschied noch etwas Großartiges erreichen kann“, richtete der Tormann aus. Die „Spinne“, so sein Spitzname, verlässt deshalb sein gesponnenes Netz, weil sich sein als Berater fungierender Vater Vladimir nicht auf eine Vertragsverlängerung mit der Frankfurter Vereinsführung hat einigen können.

Es hat etliche Verhandlungsrunden gegeben, und wie es heißt, habe der Senior für den Junior Hradecky vier Millionen Euro Jahresgehalt, später noch ein bisschen mehr gefordert. Inklusive Boni für gehaltene Elfmeter und andere Extra. Irgendwann zog Sportvorstand Fredi Bobic die Reißleine. Ihm folgt zum wiederholten Male Frederik Ronnöw. Der 25-Jährige hat ihn zuerst bei Esbjerg fB, dann bei Bröndby IF und nun bei Eintracht Frankfurt beerbt. Drei Millionen Ablöse kostet der dänische Doppelgänger, der sich auch im Spielstil — vor allem wegen der Stärke in Eins-gegen-Eins-Situationen — ähneln soll.

Die Fußstapfen sind recht groß: In 102 Bundesligaspielen fehlte die hagere Erscheinung Hradecky nur ein einziges Mal. Wegen einer Roten Karte in Leipzig nach einem eher eigenartigen Handspiel außerhalb des Strafraums. Aussetzer leistete er sich ansonsten wenige, aber einer hinterließ diese Saison Spuren: Sein kurioser Fehlgriff am Ostersonntag bei Werder Bremen (1:2) kostete einen wertvollen Punkt und warf den Charakterkopf kurzzeitig aus der Bahn. „Ich war etwas verunsichert“, räumte er frank und frei an.

Selbstredend meisterte der selbstbewusste Tormann auch diese Mini-Krise. Dass die Eintracht überhaupt das zweite Male das Pokalfinale erreicht hat, ist entscheidend sein Verdienst. In der Vorsaison betätigte er sich als famoser Elfmeterkiller, diesmal waren es fabelhafte Paraden in Heidenheim oder im Halbfinale auf Schalke, die Rückhalt gaben. Dann trinkt er ganz besonders gerne in der Kabine mit seinem Kumpel und Torwartkollegen Jan Zimmermann ein Flaschenbier.

Der weltoffene, immer freundliche Hradecky wird Eintracht Frankfurt als verlässlicher Torwart und besonderer Typ fehlen. Aber nicht der Bundesliga. Dem Vernehmen nach tritt er die Nachfolge von Leverkusens WM-Keeper Bernd Leno, sofern dieser sich seinen Wechselwunsch erfüllt. Unter dem Bayer-Kreuz können sie sich auf einen lebenslustigen Darsteller freuen, der kein Problem hat, sich mit seinem Lieblingsgetränk Bier ablichten zu lassen. Am liebsten wäre es ihm allerdings, wenn am heutigen Abend der Gerstensaft in Strömen fließen würde, weil er entscheidend mitgeholfen hat, den ruhmreichen FC Bayern zu besiegen. Das wäre für ihn ein „ein traumhafter Abschluss nach drei tollen Jahren“. Auf seinen Abschied anstoßen wird er bei der Abschlussfeier so oder so.

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