Der DFB beim Kongress: Chef, Ex-Chef, heimlicher Herrscher

Athen (dpa) - Für den deutschen Fußball ist der außerordentliche UEFA-Kongress am Mittwoch in Athen von besonderer Bedeutung. Unter der Führung des zu wählenden neuen Chefs der Europäischen Fußball-Union wird in zwei Jahren die EM 2024 vergeben, die der DFB ausrichten möchte.

Der DFB beim Kongress: Chef, Ex-Chef, heimlicher Herrscher
Foto: dpa

Der Slowene Aleksander Ceferin kann im Wettstreit mit dem Niederländer Michael van Praag mit der deutschen Stimme rechnen. DFB-Boss Reinhard Grindel hat mit beiden Kandidaten vorab über das deutsche EM-Projekt gesprochen. Das Klinkenputzen geht in Athen weiter.

Diese deutschen Funktionäre spielen beim UEFA-Kongress (k)eine Rolle:

REINHARD GRINDEL: Der DFB-Präsident hat es deutlich gesagt. „Jede große europäische Tagung führt dazu, dass ich die Kollegen aus anderen Nationalverbänden besser kennenlerne.“ Und vor allem: Dass sie ihn besser kennenlernen. Grindel hat nämlich Großes vor. Er will die EM 2024 nach Deutschland holen - sein Leuchtturmprojekt. Und: Er will in internationale Gremien einziehen, 2017 ins UEFA-Exekutivkomitee, schon im Oktober in die Governance Kommission der FIFA. Wer den CDU-Politiker erlebt, traut ihm das locker zu. Das Strippenziehen hat Grindel als Bundestagsabgeordneter in Berlin gelernt. Auch in Athen wird der DFB-Boss weiter an seinen Plänen arbeiten.

WOLFGANG NIERSBACH: Der ehemalige DFB-Chef ist die tragische Figur im deutschen Funktionärswesen. Ohne die WM-Enthüllungen wäre er am Mittwoch Topkandidat für den UEFA-Thron. Nun ist der 65-Jährige wegen seiner miserablen Informationspolitik im Sommermärchen-Skandal gesperrt. Auf dem Exekutiv-Podium in Athen wird es keinen Platz mehr für Niersbach geben. Seine UEFA-Zeit ist unabhängig vom laufenden Berufungsverfahren vorbei. Die Amtszeit endet im März 2017, dann will Grindel in das europäische Gremium. Eine Sondergenehmigung für eine Abschiedsrede, wie sie sein Freund Michel Platini bekam, war für Niersbach von niemandem beantragt worden.

KARL-HEINZ RUMMENIGGE: Der Vorstandschef des FC Bayern gilt als Architekt der Reform der Champions League, welche die Großkopferten von 2018 an noch reicher machen wird. In den europäischen Funktionärskreisen gilt der Münchner längst als heimlicher Herrscher und mächtigster deutscher Fußball-Vertreter. Als Chef der European Club Association diktierte er der UEFA mehr oder weniger die Forderungen der großen Vereine für die Königsklasse. Auch wenn das so offiziell niemand sagen will. Beim Kongress spielt Rummenigge keine große Rolle, aber einen Tag später, wenn sich die Exekutive erstmals unter dem neuen UEFA-Chef trifft, sitzt er natürlich mit am Tisch.

EINE FRAU: Fehlanzeige. Der DFB verzichtet auf eine Kandidatin für den neu geschaffenen europäischen Posten im FIFA-Council. Wie alle Kontinentalverbände muss auch die UEFA eine Frau in dieses Gremium entsenden. Nur die Italienerin Evelina Christillin steht zur Wahl. Früh entschied der DFB, sich hier nicht zu bewerben. Obwohl Deutschland als zweimaliger Weltmeister, Rekord-Europameister und Olympiasieger eine Macht im Frauen-Fußball ist. Warum keine Kandidatin aufgebaut wurde, ist nicht bekannt. Allerdings gibt es auch im DFB-Präsidium in Hannelore Ratzeburg nur eine Frau.

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