Silvestre: Eine Symbolfigur der Bremer Krise

London (dpa) - Die Pfiffe waren gnadenlos, und die Kritiken auch. Die eigenen Fans schimpften über Mikaël Silvestre, machten ihrem Unmut über die nicht bundesliga-tauglichen Leistungen bei der 2:3-Heimniederlage gegen Nürnberg und dem 0:6-Debakel in Stuttgart lautstark Luft.

Einige Zeitungen bezeichneten den Bremer Fußball-Profi als schlechtesten Verteidiger der Liga. Natürlich wäre es gemein und unpassend, dem Franzosen allein die Schuld an der verfahrenen Situation der Bremer zu geben. Ihm den Schwarzen Peter in einem nicht mehr funktionierenden Werder-Spiel zuzuschieben, ginge am Problem vorbei. Nichtsdestotrotz ist Silvestre geradezu eine Symbolfigur für die beispiellose Werder-Krise - mit seinen haarsträubenden Abwehrfehlern und damit als erneuter Transfer- Flop.

Silvestre war ein Überraschungs-Transfer. Keiner in Deutschland hatte den Verteidiger auf der Liste, ehe Clubchef Klaus Allofs und Trainer Thomas Schaaf sich am Rande des Champions-League-Qualifikationsspiels in Genua mit Silvestre trafen. Als der französische Profi einen Tag vor Schließung der Transferliste für zwei Jahre verpflichtet wurde, schien er zunächst ein weiteres Schnäppchen der Spürnasen Allofs und Schaaf zu sein - so wie vor Jahren seine Landsmänner Johan Micoud und Valerien Ismael. Ein international erfahrener Mann, der ohne Ablösesumme kommt. Er galt als Lösung für das Dauerproblem auf der linken Abwehrseite, der seit Jahren empfindlichsten Stelle der Bremer Verteidigung.

Doch längst gilt der 33-Jährige als Fehleinkauf. Dass der zuletzt vertragslose Profi nicht hundertprozentig fit war, schien noch erklärbar. Aber die technischen und taktischen Fehler, die Silvestre offenbarte, waren überraschend und erschreckend. „Das war nicht das, was er sich wünscht und was wir uns wünschen“, kritisierte selbst Schaaf. Allein beim 0:0 gegen Frankfurt zeigte er eine konzentrierte und weitestgehend fehlerfreie Leistung. Aber auch das passt zum SV Werder im Jahre 2010, denn das galt in diesem Spiel für die gesamte Mannschaft.

Ansonsten waren die Auftritte des Profis, der in seinen besseren Zeiten bei Manchester United und Arsenal spielte, von Unsicherheit und Unzulänglichkeiten geprägt. Dass Silvestre sich noch als die erhoffte Verstärkung erweist, scheint eher unwahrscheinlich. Er wird wohl unter die Kategorie Fehlgriff verbucht werden - wie zuletzt immer mehr Transfers.

Allofs und Schaaf galten jahrelang als Spezialisten für Schnäppchen, verpflichteten neben Micoud oder Ismael solche Ausnahmekönner wie Diego und Mesut Özil für wenig Geld und verkauften sie teuer weiter. Dem gegenüber stehen aber immer häufiger Flops. Allen voran Carlos Alberto, der mit einer Ablöse von fast acht Millionen Euro und zwei Bundesliga-Einsätzen der teuerste Fehlgriff der Vereinsgeschichte war.

Dusko Tosic, Said Husejinovic, Alexandros Tziolis, Marcelo Moreno, Boubacar Sanogo oder Aymen Abdennour zählen zu den größten Fehlgriffen. „Als kleiner Verein müssen wir manchmal ein größeres Risiko eingehen“, sagte Allofs. Aber zuletzt war die Anzahl solcher Flops groß - viel zu groß und zu teuer für einen kleinen Verein wie Werder Bremen.

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