Perfekter Fußball: Was bietet Barça als Nächstes?

Barcelona (dpa) - Mit einem Mikrofon in der Hand fühlt Lionel Messi sich längst nicht so wohl wie mit dem Ball am Fuß. Der Held des Champions-League-Finales FC Barcelona gegen Manchester United (3:1) war bei der Siegesfeier im Stadion Camp Nou die große Enttäuschung.

„Ich hoffe, wir können noch viel mehr Titel gewinnen“, sagte der Weltfußballer vor 100 000 Barça-Fans. Mehr fiel dem Argentinier nicht ein. Dabei hatte er den Anhängern nach dem Gewinn der spanischen Meisterschaft zugesagt, nach einem Champions-League-Sieg zu ihnen zu sprechen. „Aber ich habe nichts zu sagen“, räumte er ein.

„La Pulga“ (der Floh) lässt lieber seine Tore und Dribblings für sich sprechen. Mit dem Sieg im Finale von Wembley kommt Messi auf 15 Titel, und das mit nur 23 Jahren. Eine solche Bilanz konnten nicht einmal Fußball-Legenden wie Alfredo di Stéfano, Pelé, Johan Cruyff oder Diego Maradona in diesem Alter vorweisen. „Ich hoffe, dass Messi nie nachlässt“, sagt Trainer Josep Guardiola. „Ohne ihn lässt sich unser Erfolg nicht erklären. Aber Leo spielt nicht allein.“

Barça wird nach dem Gewinn der Königsklasse dank seines an Perfektion grenzenden Fußballs in aller Welt angehimmelt. Messi, Xavi, Iniesta & Co. sind als Team längst zur Legende geworden. Sie beherrschen den europäischen Fußball so, wie Real Madrid dies mit Di Stéfano in den 50er Jahren oder Bayern München und Ajax Amsterdam mit Franz Beckenbauer und Cruyff in den 70er Jahren getan haben.

Das Geheimnis des Erfolgs der Blau-Roten liegt darin, dass Guardiola einerseits an einem Stamm von Leistungsträgern und an der Kultur des Kurzpassspiels festhält, andererseits aber den Stil ständig fortentwickelt - und zwar so schnell, dass die Konkurrenz sich nicht darauf einstellen kann. Was plant „Pep“, wie der Trainer genannt wird, für die nächste Saison? Das ist die große Frage, die sich nicht nur die Barça-Fans stellen. Die Antwort weiß niemand, vielleicht nicht einmal der Trainer selbst.

„Zu Beginn dieser Saison wusste ich auch nicht, wie ich die Spieler nach all den Erfolgen und dem spanischen WM-Gewinn einstellen sollte“, erinnert sich Guardiola. Dann überraschte er mit einer überraschenden Neuerung: Er ließ seine Elf ohne echten Mittelstürmer spielen, beorderte Messi in den Rückraum und machte den Argentinier damit noch torgefährlicher als zuvor.

Bisher hatte der Trainer sich in jeder Saison etwas Neues einfallen lassen. Bei seinem Amtsantritt vor drei Jahren sortierte er die Stars Ronaldinho und Deco aus. Ein Jahr später ersetzte er den erfolgreichen Torjäger Samuel Eto'o durch den eigenwilligen Zlatan Ibrahimovic. Der Schwede musste nur ein weiteres Jahr darauf wieder gehen, weil er mit Messi nicht harmonierte.

Der Liga-Rivale Real Madrid versuchte bislang vergeblich, mit der Verpflichtung immer neuer Stars die Dominanz der Katalanen zu brechen. „Ich mache mir deshalb keine Sorgen“, meint Cruyff, Barças graue Eminenz. „Real kann so viel Geld ausgeben, wie es will. Es kann immer nur elf Spieler einsetzen.“

In Madrid waren im Laufe der Saison verschiedene Verschwörungstheorien in Umlauf gebracht worden. Die Schiedsrichter bevorteilten Barça, beklagte Real-Trainer José Mourinho. In Madrider Medien war gar von einem Doping-Verdacht gegen die Katalanen die Rede. Verteidiger Gerard Piqué wies nun in seiner Ansprache auf der Siegesfeier all die Verdächtigungen zurück: „Wir nehmen keine Drogen, wir machen keine Schwalben, wir kaufen keine Schiedsrichter. Wir spielen einfach nur Fußball.“

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