Mythos Bernabéu: Umgestürztes Tor und „Fußball pur“

Madrid (dpa) - Das Bernabéu-Stadion hat schon viele große Spiele gesehen. Auch die Bayern erlebten in Madrid bereits Sternstunden und Alpträume. Das kurioseste Tor fiel im berühmten Estadio schon vor dem Anpfiff.

Am 1. April 1998 verschob sich der Beginn des Halbfinal-Spiels der Champions League zwischen Real Madrid und Borussia Dortmund (2:0) um 76 Minuten, weil spanische Fans beim Erklimmen eines Zaunes das daran befestigte Tor niederrissen. „Noch nie hätte ein Tor einem Spiel so gut getan wie heute“, witzelte damals im Fernsehen Reporter Marcel Reif, der später für das Rededuell mit Moderator Günther Jauch ausgezeichnet wurde.

Auch Nationalspieler Thomas Müller, damals gerade acht Jahre alt, erinnerte vor dem Halbfinal-Rückspiel der Bayern an diesem Mittwoch an den Zwischenfall: „Im Bernabéu weht ein anderer Wind“, meinte er zur besonderen Atmosphäre, „da fallen sogar mal Pfosten um.“

In einem der bedeutendsten Fußball-Tempel Europas wurden aber nicht nur kuriose Geschichten geschrieben. „Dort genoss ich Fußball pur“, sagt Jupp Heynckes. Ein Jahr lang war es die Heimat des heutigen Bayern-Trainers, der Real 1998 zum Champions-League-Titel führte: „Ich freue mich aufs Bernabéu.“ Die Bayern-Profis haben keine Sorge, dass der Hexenkessel ihnen Probleme bereiten wird. „Wir kennen uns aus mit großen Stadien“, sagte Kapitän Philipp Lahm vor der Partie in einem der „schönsten Stadien“.

Nur wenige Stadien in Europa haben einen solchen Mythos wie die am 14. Dezember 1947 eröffnete Arena, die später nach dem damaligen Vereinspräsidenten Santiago Bernabéu benannt wurde. Die Heimat von Real Madrid, in der heute mehr als 80 000 Menschen Platz finden, dürfte bei den Bayern gemischte Gefühle auslösen. Auf dem Weg zum Königsklassen-Titel im Jahr 2001 siegten sie dort im Halbfinale 1:0. Vor zwei Jahren endete am selben Ort das Endspiel gegen Inter Mailand mit einer 0:2-Pleite.

„Das Bernabéu-Stadion stellt ein Monument dar“, sagt Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge aus eigenen Erfahrungen als Spieler beinahe ehrfürchtig. Hartumkämpft waren die bisherigen Duelle der Münchner mit Real in Madrid - und das im wahrsten Sinne des Wortes. 1976 sprang ein Fan über die Umzäunung und attackierte den Schiedsrichter. Erst Torwart Sepp Maier beendete den Angriffslauf des Zuschauers.

Elf Jahre später ging es ebenfalls heiß her, als Klaus Augenthaler nach einem Foul früh die Rote Karte sah. Steine, Batterien und Eisenstangen flogen damals von den Rängen Richtung Spielfeld. Torwart Jean-Marie Pfaff, den angeblich ein Messer nur knapp verfehlte, bot bei der Münchner 0:1-Niederlage, die nach dem 4:1 im Hinspiel für den Endspieleinzug im Meistercup reichte, eine überragende Vorstellung.

Unschön war der Auftritt von Mark van Bommel. Der Ex-Spieler des FC Barcelona ließ sich beim bislang letzten Bayern-Auftritt in Madrid im Achtelfinal-Hinspiel 2007 zu einer provokativen Geste gegenüber den Real-Anhängern nach seinem Treffer zum 2:3-Endstand hinreißen. Die UEFA reagierte und verhängte gegen den Niederländer eine Sperre auf Bewährung.

Die Königlichen konnten einmal, 1957, in der eigenen Arena durch ein 2:0 gegen den AC Florenz den Europapokal einheimsen. Die spanische Nationalmannschaft holte 1964 im Bernabéu den EM-Sieg durch einen 2:1-Sieg gegen die UdSSR mit Torwart-Legende Lew Jaschin.

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