FC Bayern München Uli Hoeneß - Abtauchen in den emotionalen Geldspeicher

Am Freitag wird Uli Hoeneß wieder zum Präsidenten des FC Bayern gewählt. Wenn er der Alte würde, könnte das für die Bundesliga durchaus seinen Wert haben.

Am Freitag wird Uli Hoeneß wieder zum Präsidenten des FC Bayern gewählt. (Archivfoto)

Am Freitag wird Uli Hoeneß wieder zum Präsidenten des FC Bayern gewählt. (Archivfoto)

Foto: dpa

München. Ob er den neuen bayerischen Schmusekurs mit Borussia Dortmund auf diese Art mitgetragen hätte? Vielleicht wäre Uli Hoeneß auch im kalten russischen Winter in Rostow an diesem Mittwochabend über den Rasen gestapft, hochroter Kopf, dann ein, zwei zünftige Zitate rausgehauen. 2:3 in: Rostow — ja, Herrschaften, wo sind wir denn?

Aber vielleicht ist jetzt auch alles ganz anders, und Uli Hoeneß ist ab Freitag, wenn er zum Präsidenten des FC Bayern wiedergewählt wird, gar nicht mehr wie der Uli Hoeneß von einst. Vielleicht ist er nicht mehr so angriffslustig, nicht mehr so intrinsisch mit seinem FCB verbunden. Vielleicht ist er nicht mehr der personifizierte Verein. Sondern nur mehr ein Angestellter, ein wichtiger freilich.

Niemand aus der Fußball-Branche hat damit zu kämpfen, dass da einer zurückkommt, der in Haft saß, weil er aberwitzige 28,5 Millionen Euro an Steuern hinterzogen hat. 270 Tage nach der vorzeitigen Entlassung ist der 64-Jährige wieder da. Nicht einfach so — das zu sagen wäre nicht fair: Hoeneß ist glaubwürdig mit sich ins Gericht gegangen. Aber doch war immer klar, dass er wieder eintauchen wird in seinen emotionalen Geldspeicher Fußball-Bundesliga. So, wie er es angekündigt hatte im Mai 2014, als Karl Hopfner Präsident wurde, Interimspräsident, wie man seinerzeit ahnte und nun weiß. Und Hoeneß nur mehr zurückgetretener Häftling war.

„Das war’s noch nicht“, rief er den Mitgliedern zu, aber seinerzeit konnte niemand realistisch bewerten, ob das nur noch ein letztes Zucken oder doch ein unerschütterlicher Plan war, dem einsame Abende hinter Gittern in Landsberg oder viele Stunden im Rothenfelder Freigängerhaus nichts anhaben würden können. Die Branche steht hinter ihm.

„Ulis Rückkehr ist eine absolute Bereicherung“, sagt Leverkusen Sportdirektor Rudi Völler. „Ich freue mich darauf, es tut der Bundesliga ja in Gänze gut“, findet Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. „Ich denke, dass er die Zeit genutzt hat, Dinge anders zu betrachten und anzugehen“, sagt Klaus Allofs, Sportchef in Wolfsburg. Und Oliver Kahn findet, Hoeneß gebühre „der größte Respekt für seine Entscheidung, zurückzukehren.“

So sehr die Protagonisten sich bisweilen auch die Augen ausgekratzt haben mögen — und Hoeneß stand tatsächlich oft auf der einen Seite der Gefechte —, im Fußballgeschäft bleibt man eben doch nahe beieinander. „Mia san Mia“ gilt dann nicht mehr nur für die Bayern, sondern für die gesamte Branche.

Ob die Angriffe jetzt aber von außen kommen? Von Fans, von Journalisten? Kaum. Viele haben Hymnen auf den bayerischen Patron geschrieben, als er längst verurteilt war. Nur ein Kavaliersdelikt? „Er hat nichts gemacht, was nicht zu verzeihen wäre“, sagte Matthias Sammer diese Woche, und auch das ist — natürlich — relativ.

Aber in einem sind sich fast alle einig: Dass da einer zurückkommt, der dem deutschen Fußballgeschäft ganz gut tun könnte. Auch, weil die Bayern in seiner Abwesenheit nicht nur zum Missfallen der Konkurrenz, sondern auch der eigenen Fans bisweilen eine Maschine waren, die von allem mehr wollte, aber dann doch nie genug bekam.

Als Vorstandsvorsitzender hat der immer etwas unterkühlte Karl-Heinz Rummenigge die Internationalisierung des Vereins vorangetrieben. Büros in China, Schanghai, New York, 500 Millionen jährlicher Umsatz, die nationalen Konkurrenten abgehängt: Die dominanten Bayern haben die Herzen nicht gerade erwärmt.

Hoeneß kommt in einer Phase zurück, in der diese Dominanz auf dem Prüfstand steht und der Wettbewerb aus Richtung Leipzig und Dortmund wieder forciert wird. Nichts mag Hoeneß lieber, als diese Wettrennen, Kopf an Kopf. Und ab und an mal herüberschauen und dem anderen mit Worten ein Stöckchen zwischen die Beine halte, das wird man von Uli Hoeneß ja wohl noch erwarten dürfen.

Leipzigs Energie-Schub, Dortmunds Selbstbewusstsein — da ließe sich doch manches aufgreifen. Sogar im eigenen Haus, wo Bayerns Trainer Carlo Ancelotti beim Umgang mit einer fehlmotivierten Mannschaft Unterstützung gebrauchen könnte. Hoeneß und Ancelotti — vom Typ her müsste das funktionieren zusammen, aber man weiß ja auch, wozu Hoeneß fähig ist, wenn die Geduld abreißt: Jürgen Klinsmann lässt grüßen.

„Sicher geht eine Haftzeit von einem Jahr und acht Monaten an einem Menschen nicht spurlos vorbei. Die Begegnungen im Gefängnis haben ihm einen Einblick in fürchterliche Lebensläufe gegeben“, sagte Edmund Stoiber, der Vorsitzende des Verwaltungsbeirates beim FC Bayern in dieser Woche. Und postulierte, Hoeneß solle auch wieder dem FC Bayern-Aufsichtsrat vorstehen. So haben sie es immer gehalten in der Zeit, als Hoeneß Gefangener war. Die prominente Vorhut schlug sich durchs Gebüsch, und Uli Hoeneß taperte Monate später bereitwilig hinterher. Von nun an wird es Zeit, dass Hoeneß selbst wieder die Vorhut ist. Denn sonst wäre seine Rückkehr rein gar nichts wert.

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