Tönnies weiter Schalke-Chef - Draxler bleibt

Gelsenkirchen (dpa) - Es war eine phasenweise höchst turbulente Jahreshauptversammlung „auf Schalke“ - fast wie in den 80er Jahren, als sich Mitglieder auch schon mal prügelten.

Ganz so schlimm war es nicht, obwohl es in der Arena zu teils heftigen verbalen Auseinandersetzungen zwischen Fans und Führung der „Königsblauen“ kam. Speziell die Vorstände Peter Peters (Finanzen) und Alexander Jobst (Marketing) sowie der später wiedergewählte Aufsichtsratschef Clemens Tönnies wurden von einem Drittel der etwa 9000 anwesenden Mitglieder angefeindet.

Grund für die Missstimmung ist eine vom 1. Juli an gültige Partnerschaft des Vereins mit einem Tickethändler (viagogo), für die Schalke 3,6 Millionen Euro erhält. Das Internetportal bekommt drei Jahre lang jeweils 3000 Karten für die Schalker Heimspiele und darf die Tickets mit maximal 100 Prozent Aufschlag weiterveräußern.

Die Fan-Initiative „viaNOgo“ warf dem Club die Legalisierung des Schwarzmarkts vor und sprach von „Abzocke“. Jobst verteidigte das Ganze als „wirtschaftlich attraktiven Sponsorenvertrag“ und versprach, „genauestens darauf zu schauen, ob die Regeln des Vertrags eingehalten werden“. Jobst: „Mal eben auf 3,6 Millionen Euro zu verzichten - nun gut, so dicke hat es der FC Schalke 04 nun auch nicht.“ Trotzdem gab es bei der Aussprache viel Kritik von den Mitgliedern. Tönnies bewertete die Diskussion anschließend als „Klagen auf hohem Niveau“.

Mit großem Beifall wurde die Rede von Sportvorstand Horst Heldt begleitet. Mit den Worten „Habt ihr Bock, über Fußball zu sprechen?“ begann der 43-Jährige seinen Vortrag und gab das Saisonziel aus: „In der Bundesliga wollen wir wieder unter die ersten Vier und uns erneut für Europa qualifizieren. Und im Pokal wollen wir nach Berlin.“

Klare Worte - und im Lauf des Abends auch klare Ergebnisse: Tönnies wurde mit 4496 von 5725 abgegebenen Stimmen wieder in den Aufsichtsrat gewählt und danach bei eigener Enthaltung einstimmig in seiner Funktion als Chef des Gremiums bestätigt.

„Ich werde dafür kämpfen, dass die Gräben, die sich derzeit zwischen uns auftun, zugeschüttet werden. Und wenn ich dafür den größten Bulldozer der Welt anschaffen muss. Es kann ja nicht sein, dass wir uns hier gegenseitig zerfleischen. Wenn unsere Nachbarn das sehen, dann lachen die sich doch über uns kaputt“, sagte Tönnies mit Blick auf die Harmonie beim Schalker Revierrivalen Borussia Dortmund.

Tönnies konnte punkten, als er verkündete, dass Jungstar Julian Draxler trotz verlockender Angebote von Topclubs wie Real Madrid oder Manchester City weiter „auf Schalke“ spielen werde. „Jule hat mir gesagt, dass er bei uns bleibt, obwohl er woanders 50 Millionen Euro verdienen kann. Das ist Schalke“, sagte Fleischfabrikant Tönnies. Der 19-jährige Draxler hatte erst im Mai seinen Vertrag bis 2018 verlängert, kann Schalke aber mittels einer Ausstiegsklausel für 45 Millionen Euro Ablöse verlassen.

Die Schalke-Mitglieder wählten zwei ehemalige Spieler in die Schalker Ehrenkabine, die „Hall of Fame“ des Vereins: den spanischen Weltstar Raúl und Adolf Urban. Urban war als Mitglied der legendären „Kreisel-Elf“ zwischen 1934 und 1942 fünfmal deutscher Meister mit Schalke. Die sterblichen Überreste Urbans, der 1943 im Zweiten Weltkrieg in Russland gefallen und dort beerdigt worden war, wird der Verein demnächst nach Gelsenkirchen überführen und auf dem Schalker Friedhof beisetzen.

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