Rehhagel stoppt Hertha-Jubel: „Nichts erreicht“

Berlin (dpa) - Nur für eine Nacht gestattete Hertha-Coach Otto Rehhagel seinen plötzlich erwachten Fußball-Kämpfern, „bei ihren Familien Körper und Geist“ aufzufrischen.

Schon am Tag nach der mit großem Einsatz, viel Hingabe und einigem Zittern erreichten Last-Minute-Qualifikation für die Abstiegs-Relegation mussten sich die Profis von Hertha BSC für die nächsten beiden Nervenschlachten quälen. „Wir haben nur das erreicht, was wir erreichen mussten, nicht mehr“, erklärte Trainer-Oldie Rehhagel in einer ausgelassenen Art, die man bei dem 73-Jährigen in den vergangen Wochen so nicht mehr beobachten konnte.

Bei Rehhagel selbst, bei seiner Mannschaft und den Berliner Fans ist nach dem 3:1-Sieg gegen das Team seines Vor-Vorgängers Markus Babbel aus Hoffenheim, den in der Art und Weise kaum einer mehr so erwartet hatte, der Glaube an die Rettung zurück. Gegen die Fortunen aus Düsseldorf, die am Sonntag den dritten Platz in der 2. Liga durch ein 2:2 gegen den MSV Duisburg verteidigt hatten, geht es für Hertha nun am kommenden Donnerstag daheim und fünf Tage später im Rheinland um den Verbleib in Deutschlands Eliteklasse. Rehhagel und Manager Preetz nahmen die Düsseldorfer bei einer Stippvisite am Sonntag bereit erstmals von der Tribüne aus in Augenschein.

„Wir haben gezeigt, dass wir auch ein wichtiges Spiel gewinnen können“, bemerkte Hertha-Manager Michael Preetz nach 90 Minuten Leiden, Jubeln und Bangen gegen Hoffenheim. Genau diese Eigenschaft war Hertha in den vergangenen Wochen der Krise meist abgesprochen worden. „Die Mannschaft hat dem enormen Druck standgehalten“, vermeldete Preetz hocherfreut. Nur der Kreuzbandriss für Topstürmer Pierre-Michel Lasogga trübte die Freude.

„Natürlich saß die Angst in den Gliedern“, gestand Rehhagel, der zuvor noch nie gegen Hoffenheim angetreten war. Doch mit den Toren von Änis Ben-Hatira (14./78. Minute) und Raffael (90.+2) sowie der Gelb-Roten Karte gegen den besten Hoffenheimer, Ryan Babel (41.), wandelte sich diese Angst bei den Berlinern immer mehr in Motivation und positive Energie. Hertha hat die erste Hand, die Glücksgöttin Fortuna dem Hauptstadtclub nach einer grottenschlechten Rückrunde noch einmal gereicht hat, gepackt.

„Ich bin überzeugt, dass wir den Klassenerhalt schaffen“, sagte Hertha-Keeper Thomas Kraft, nachdem er mit einer seiner Glanztaten gegen Hoffenheim noch in der Nachspielzeit den direkten Absturz in die Zweitklassigkeit verhindern konnte.

Marvin Compper hatte mit seinem zwischenzeitlichen Anschlusstreffer fünf Minuten vor dem Ende nochmals für Herzrasen bei den über 51 000 euphorischen Zuschauern im Olympiastadion gesorgt. Doch selbst Babbel, nach der Hinrunde in Unfrieden von den Herthanern geschieden, räumte den „verdienten Sieg“ ein. Mit seinem neuen Club ist er auf Platz elf im Niemandsland der Tabelle gelandet.

Ab sofort ist Babbel nun sogar Otto-Fan. Mitten im Jubel der Berliner plauschte der Hoffenheim-Coach mit Rehhagel am Spielfeldrand. „Es freut mich für ihn, dass er die erste Hürde geschafft hat. Jetzt drücke ich die Daumen, dass sie die zwei Relegationsspiele auch noch positiv gestalten. Das ist ein fantastischer Club“, gab Babbel fast eine Berliner Liebeserklärung vor den vielen TV-Kameras ab, die nach der Pressekonferenz auch noch den kurzen Händedruck mit Michael Preetz im Türrahmen einfingen.

Der Hertha-Manager („Wir haben uns begrüßt“) wollte sich an einer öffentlichen Fortsetzung des Männerstreits auch nicht beteiligen, viel wichtiger sind die beiden nun anstehenden K.o.-Spiele gegen den Abstieg. Immer wieder hatte Preetz die fußballerische Qualität der von ihm zusammengestellten Mannschaft betont, die „viel zu selten“ auf dem Rasen zu sehen war. Jetzt hätten die Spieler rechtzeitig zum Showdown auch die „mentale Verfassung zurückgewonnen“, meinte Preetz. „Jetzt muss jeder seine eigenen Belange zurückstecken, denn es geht ums Ganze“, brachte es Peter Niemeyer auf den Punkt.

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