Der Bundesliga-Winter-Check 2015/16 Alles dreht sich in Leverkusen um "Chicharito"

Bayer Leverkusen hat als Minimalziel den vierten Tabellenplatz ausgegeben. Das könnte noch klappen.

Garant für viele Tore: Leverkusens neuer Stürmerstar Javier Hernandez, genannt Chicharito.

Garant für viele Tore: Leverkusens neuer Stürmerstar Javier Hernandez, genannt Chicharito.

Foto: dpa

Leverkusen. Acht Siege, drei Unentschieden und sechs Niederlagen - es war eine eher durchwachsene Hinrunde für Bayer Leverkusen. Doch durch den Fehlstart von Borussia Mönchengladbach sowie die unter ihren Möglichkeiten gebliebenen FC Schalke 04 und VfL Wolfsburg liegt die "Werkself" als Tabellen-Fünfter dennoch nur zwei Punkte hinter dem als Mindestziel ausgegebenen vierten Platz zurück. Dazu tanzt das Team von Trainer Roger Schmidt noch auf den Hochzeiten DFB-Pokal (Viertelfinal-Heimspiel gegen Werder Bremen) und Europa League (Sechzehntelfinale gegen Sporting Lissabon).

SCHWÄCHE UND STÄRKE IN DER HINRUNDE

Insgesamt fehlte Leverkusen die Konstanz. Immer wieder blitzte das Können auf wie beim souveränen 3:0 in Bremen, bei der famosen Aufholjagd gegen Stuttgart (4:3) oder in der Gala gegen Mönchengladbach (5:0). Dann aber setzte es besonders daheim bittere Rückschläge wie gegen Darmstadt (0:1), Augsburg (1:1) und Köln (1:2). Die Mannschaft tut sich schwer, das Spiel zu machen. Zudem mangelt es dem jungen Team an Erfahrung, was sich an der Bilanz von Spitzenspielen widerspiegelt. Gegen die ersten sieben der Tabelle gab es in den sechs Begegnungen nur vier von 18 möglichen Punkten. Gefährlich ist die "Werkself" hingegen bei Kontern und wenn ihr Platz zum Kombinieren gelassen wird. Dann kommen Tempo und Technik zum Tragen. Zudem profitiert sie von der Abschluss-Kaltschnäuzigkeit ihres Star-Stürmers Javier Hernandez, genannt Chicharito.

WO IST NOCH BEDARF? WER KOMMT NOCH?

Die Schwachstellen des Kaders liegen auf den beiden Außenverteidiger-Positionen der Vierer-Abwehrkette. Besonders rechts, wo schon Hilberts solides Werken unverzichtbar ist, weil sein Vertreter Donati immer wieder große taktische Defizite offenbart und ein Unruheherd ist. Links ist Wendell oft zu ungestüm sowie offensiv übermotiviert, in seinem Rücken entstehen stets gefährliche Räume. Da für die Rückkehr des Verletzten Tin Jedvaj weder Zeitpunkt noch Form abzusehen sind, schwirrt der Name von Rechtsverteidiger Mathieu Debuchy von Arsenal London herum. Der 30-jährige Franzose will Arsenal zwingend verlassen und tendiert durchaus zu Leverkusen, Roger Schmidt verneinte dagegen zuletzt einen anstehenden Wechsel.

WO DROHEN KONFLIKTE?

Mit der Rückkehr des verletzt ausgefallenen Kapitäns Lars Bender würden sich weitere taktische Möglichkeiten und System-Flexibilität ergeben. In der Offensive rangeln sich zwar sechs Akteure um die vier Plätze im aktuell von Trainer Roger Schmidt präferierten 4-2-2-2, doch so lange die Mannschaft auf drei Hochzeiten tanzt, wird jeder auf seine Einsatzzeiten kommen. Der Konflikt um den kurzzeitig aufs Abstellgleis beförderten Stefan Kießling scheint ebenso beigelegt. Trainer Schmidt hat offenbar eingesehen, dass die Identifikationsfigur des Vereins im Duett mit Chicharito eine Bereicherung des Angriffsspiels darstellt.

WER SOLL jetzt NOCH GEHEN - ODER NACH DER SAISON

Abgeben will Sportdirektor Rudi Völler bei drei Wettbewerben und der Unwägbarkeit von Verletzungen niemanden. Ein Wackelkandidat ist lediglich Linksverteidiger Sebastian Boenisch, der zu Hannover 96 wechseln möchte. Für die nächste Saison wird Donati wohl keine Zukunft mehr bei Bayer 04 haben. Zudem dürfte der SSC Neapel weiter um Christoph Kramer buhlen und könnte Leverkusens Vereinsführung, vorausgesetzt die Treffsicherheit des Mexikaners Chicharito hält an, durch hohe Ablöseangebote ins Grübeln kommen.

WIEVIEL ENTWICKLUNGSPOTENZIAL IST IM KADER?

Mit einem Durchschnittsalter von 24,6 Jahren ist der Kader von Bayer Leverkusen der jüngste aller Bundesligisten. Tah (19), Wendell (22), Kramer (24), Kampl (25), Bellarabi (25), Calhanoglu (21), Brandt (19) oder Mehmedi (24) sind noch lange nicht am Ende ihrer Entwicklung angelangt. Das wird sicherlich auch in der Rückrunde Formschwankungen mit sich bringen. Doch entweder gehört dieser Mannschaft die Zukunft oder aber Leverkusen wird hohe Ablösesummen generieren und für Reinvestitionen tätigen können.

WER WIRD DIE ÜBERRASCHUNG DER RÜCKRUNDE?

Eigentlich hat es bereits in der Hinrunde zwei Überraschungen gegeben. Zum einen mit dem Transfercoup von Chicharito, zum anderen bei der Entwicklung von Kevin Kampl, der in Abwesenheit des verletzten Bender in eine Führungsrolle schlüpfte. Sollte allerdings der als Top-Transfer geholte Chilene Charles Aranguiz nach seinem in der Sommer-Vorbereitung erlittenen Achillessehnenriss früher als gedacht eingreifen, dann könnte auf der "Sechser"-Position ein so schmerzlich vermisster "Aggressive Leader" den Gegnern das Leben schwer machen.

WIE STEHT ES UM DEN TRAINER?

In der Führungsetage des Vereins stand Roger Schmidt auch nach den wechselhaften Ergebnissen nicht wirklich zur Debatte. Im Spätherbst allerdings geriet der Sauerländer in die öffentliche Kritik, weil er Klub-Ikone Stefan Kießling weitgehend ignorierte. Schmidt ruderte - ob durch den Aufschrei der Fans oder interne Besprechungen sei dahingestellt - zurück. Und weil sich der Erfolg einstellte, scheint diese Baustelle geschlossen. Sollte sich keine dauerhafte Krise einstellen, dann dürfte Schmidt auch ohne erneute Qualifikation zur Champions League seinen bis 2019 gültigen Vertrag weiter erfüllen.

Der Konflikt um den kurzzeitig aufs Abstellgleis beförderten Stefan Kießling scheint beigelegt.

Der Konflikt um den kurzzeitig aufs Abstellgleis beförderten Stefan Kießling scheint beigelegt.

Foto: dpa
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