„Keine elf Männer“: HSV-Chefs knöpfen sich Versager vor

Hamburg (dpa) - Über der Hamburger Arena strahlte die Ostersonne, in den Katakomben ging ein heftiges Gewitter nieder: Mit blassem Gesicht trat ein frustrierter Dietmar Beiersdorfer vor die Kameras und rechnete am Tag nach der 0:4-Pleite bei Bayer Leverkusen schonungslos mit den Versagern ab.

„Keine elf Männer“: HSV-Chefs knöpfen sich Versager vor
Foto: dpa

„Was zu sehen war, entspricht nicht meiner Vorstellung davon, wie Abstiegskampf zu führen ist“, fauchte der Vorstandschef des stark gefährdeten HSV in die Mikrofone. „Wir müssen ganz klar sagen: Wenn wir uns so präsentieren, wie wir uns präsentiert haben, als Team, als Mannschaft, dann werden wir keine Chance haben, die Klasse zu halten.“ Demonstrativ stellte er sich hinter Trainer-Debütant Peter Knäbel und knöpfte sich die seit dem 7. Februar sieglosen Profis vor.

„Besser kann man die Mannschaft auf ein Spiel nicht vorbereiten, aber auf dem Platz bricht alles zusammen“, schimpfte der Ex-Profi nach dem blutleeren Auftritt. Einmal in Rage, hielt er den hoch bezahlten, aber tief gefallenen Profis die HSV-Fans als Vorbilder vor Augen. „Ich kann nur den Hut davor ziehen, was sie in Leverkusen wieder geleistet haben. Das ist Haltung und Präsenz. Ich hoffe, dass das auf unsere Mannschaft abfärbt“, sagte der oberste Boss.

Dem nur dank der Niederlagen von Stuttgart und Paderborn auf dem Relegationsplatz verbliebenen Liga-Gründungsmitglied bleiben nur noch sieben Spiele, um den ersten Absturz in die Zweitklassigkeit zu verhindern. Daher nimmt Beiersdorfer seine sportlichen Erben in die Pflicht: „In den restlichen Spielen müssen sie um ihr Leben kämpfen.“

Auch Knäbel hatte nach seinem verpatzten Trainer-Einstand Klartext gesprochen: „Heute hatten wir keine elf Männer auf dem Platz“, war sein vernichtendes Urteil. Der Zinnbauer-Nachfolger hatte sich aber auch angreifbar gemacht. Überraschend nahm er nur zwei Umstellungen vor - und musste prompt reichlich Kritik einstecken.

Nun kündigte er personelle Konsequenzen für das Nordderby gegen den Tabellenzweiten VfL Wolfsburg an. „Ich habe gesehen, auf wen ich mich verlassen kann und auf wen nicht“, sagte der 48-Jährige, der erstmals nach 15 Jahren wieder als Coach im Einsatz war und trotz des Debakels versicherte: „Ich habe mich da unten sehr wohlgefühlt.“

Glauben mochte es ihm keiner nach der siebten sieglosen Liga-Partie und dem vierten Spiel in Serie ohne selbst erzieltes Tor. Magere 16 Saisontore stehen auf dem Saisonkonto.

Die Mission des als Retter auf die Trainerbank beorderten Sportchefs hätte katastrophaler nicht beginnen können. „Das war ein Horrorstart, den Ball schießen wir uns fast selber rein“, kommentierte er das 0:1 durch Gonzalo Castro (7.). Johan Djourou, der das Gegentor mit einem Fehlpass verursachte, ärgerte sich nicht nur über den Fauxpas, auch über seine Mitspieler. „Schlimm ist, dass wir nicht einmal kämpfen. Das Problem ist, wir gehen zu einfach unter“, meinte der HSV-Kapitän.

Auch Stefan Kießling (2) und Castro trafen noch. „Wir müssen jetzt weitermachen, die Köpfe hochnehmen und die Lehren aus dem Spiel ziehen“, forderte der wieder zur Nummer eins beförderte René Adler. Nur wie will der marode HSV das schaffen? „Wir sind voller gut gemeinter Tipps, was das betrifft“, sagte Knäbel selbst etwas ratlos, wollte aber die Hau-drauf-Methode vermeiden: „Man kann den Profis nicht sagen, Du kannst nichts, musst aber Spiele gewinnen. Wir müssen den Spielern nun im Training das Selbstvertrauen vermitteln.“

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