Keeper Wiese in Hoffenheim nur noch Nr. 3

Frankfurt/Main (dpa) - Das Leben ist schön - sagte Hoffenheims Bundesliga-Torwart Tim Wiese auch nach der Maßnahme, ihn aus dem Kader zu nehmen. Jetzt muss er erstmal wieder um den Status als Ersatztorwart kämpfen.

Beim letzten Länderspiel gegen Frankreich vor einem knappen Jahr glänzte Tim Wiese noch im Tor der deutschen Nationalmannschaft. Trotz der 1:2-Niederlage durfte sich der Keeper bei seinem Heimspiel in Bremen feiern lassen. Nach seinem Absturz ist der 31-Jährige nicht einmal mehr die Nummer 2 beim Fußball-Bundesligisten TSG 1899 Hoffenheim. An diesem Dienstag soll der degradierte Wiese wieder ins Mannschaftstraining einsteigen - spielen wird er so schnell wohl nicht.

„Wenn Gomes seine Leistung weiter stabilisiert und weiter so halten kann wie am Samstag, dann ist es sicherlich nicht sinnvoll, innerhalb einer Saison dauernd den Torhüter zu wechseln“, sagte Manager Andreas Müller in einem Interview der SWR-Sendung „Sport im Dritten“ am Sonntagabend.

Der Tabellen-16. hatte vergangene Woche den früheren Nationaltorwart Wiese aus dem Kader genommen, um ihn vor den zuletzt verheerenden Kritiken zu schützen. Trainer Marco Kurz fand die öffentlichen Reaktionen auf seinen Schlussmann „erschreckend“, Müller sprach von „unmenschlichem Druck“, beide redeten von Sorgfaltspflicht gegenüber dem Profi. Beim 2:1-Sieg gegen den SC Freiburg stand die brasilianische Eil-Verpflichtung Heurelho Gomes (zuvor Tottenham Hotspur) zwischen den Pfosten - und wurde von den 1899-Fans gefeiert.

„Es tut mir leid für seine Situation. Ich habe ihn immer als tolles Teammitglied gesehen, der die Runde aufgelockert hat. Er hat es auch bei uns nicht immer leicht gehabt“, sagte Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff am Montag über seinen früheren Ersatzkeeper. „Ich kenne die Hintergründe in Hoffenheim nicht, aber es ist immer wichtig, die Entscheidung des Trainers und der Verantwortlichen zu akzeptieren.“

Wiese habe seine Qualitäten, an denen müsse er arbeiten. „Manchmal ist es auch eine Befreiung, wenn man mal durchatmen kann und sich auf das konzentrieren kann, was wichtig ist“, meinte Bierhoff weiter.

1899-Manager Müller hat inzwischen eingeräumt, dass die Maßnahme mit Wiese durchaus auch „sportliche Gründe“ hatte. Solche gab im übrigen auch Bundestrainer Joachim Löw an, als er Wiese nach der EM aus der DFB-Auswahl beförderte. „Wir sind in einer Leistungsgesellschaft, der Spieler kann sich hier empfehlen und durch Leistung aufdrängen - sei es im Spiel oder im Training“, ergänzte Müller nun.

Wiese weilte am Samstag mit Ehefrau Grit und Tochter Alina auf der Tribüne der Rhein-Neckar-Arena. Auf der Bank als Ersatzkeeper saß und sitzt wohl jetzt erstmal der Belgier Koen Casteels, der schon zum Ende der Hinrunde im Tor stand, als der damalige Coach Markus Babbel Wiese erstmals zur Nummer 2 herabstufte.

Und Wiese? Der langjährige Werder-Torhüter könnte theoretisch noch in die Türkei oder nach Russland wechseln, wohin sein Berater Roger Wittmann beste Kontakte hält. Dort ist das Transferfenster noch nicht geschlossen. Manager Müller hält dies aber für ausgeschlossen: „Der Tim ist motiviert, er möchte zeigen, dass er ein guter Torwart ist. Deswegen werden wir ihm alle Hilfe und Unterstützung geben.“

Der frühere Werder-Geschäftsführer Klaus Allofs glaubt, dass Wieses Selbstbewusstsein trotz unverändert rotziger Sprüche gelitten hat. „In diesem Geschäft wird immer erwartet, dass man stark ist und immer Lösungen hat. In Wirklichkeit knabbert das auch an einem“, erklärte der heutige Manager des VfL Wolfsburg im NDR-Fernsehen. „Tim ist selbstbewusst auf der einen Seite. Aber wenn soviel passiert, wie es um Tim Wiese jetzt geschehen ist, dann lässt das keine Spieler kalt.“

Wiese selbst war am Sonntag im Kraftraum, hatte am Montag frei - und darf den Kraichgau trotz der unangenehmen sportlichen Situation weiter als Komfortzone betrachten. Sein Vertrag läuft bis zum 30. Juni 2016, sein Jahresgehalt soll nach Medienberichten bei 3 Millionen Euro liegen.

„Wieso schwierig?“, sagte der sechsmalige Nationalspieler am Samstag nach dem Spiel auf die Frage nach seiner schwierigen Situation zu den Journalisten. „Meine Situation ist überragend, ganz entspannt. Ich habe doch ein schönes Leben - im Gegensatz zu euch.“

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