Bayer Leverkusen Kampl: Früher war ich Balljunge für Ballack

Ein Interview mit Leverkusens Offensivspieler über lohnende Umwege, Trainer Schmidt und seine Frisur

Bayer Leverkusen: Kampl: Früher war ich Balljunge für Ballack
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Herr Kampl, welchen Anteil hat Trainer Roger Schmidt an Ihrem Aufstieg?

Kampl:
Sicher den Größten von allen. Er wollte mich schon von Osnabrück nach Paderborn holen, was letztlich an der Ablöse scheiterte, die Aalen für mich zahlte. Doch dann ging Roger nach Salzburg, und so ergab sich die neue Chance. Erst musste ich überlegen, da ich nicht so viel wusste über den Fußball in Österreich. Aber es war richtig: In den zweieinhalb Jahren dort bin ich am meisten gewachsen.

Inwiefern?

Ich bin älter geworden, eine feste Größe im Team und habe dann auch von mir aus gelernt, die jüngeren Spieler mitzuziehen. Und dazu hat Roger diese neue Art des Fußballs etabliert: Offensives Pressing, gleich draufgehen, frühe Ballgewinne, schnelles Spiel nach vorne mit dann viel kürzerem Weg zum Tor. Ein Fußball, der mir liegt.

Was zeichnet Schmidt als Typen aus?


Er ist ein Riesen-Trainer, weiß fast alles über Fußball. Dazu ist er ein Top-Mensch, hat fast immer ein Lächeln auf dem Gesicht, verhält sich stets korrekt zu allen und spricht viel mit allen Spielern. Auch mit denjenigen, die gerade vielleicht nicht zur ersten Elf gehören.

Und er hat sie als Trainer in Leverkusen erneut zu sich geholt, als sich die Chance dazu bot...

Schon im Winter hätte es fast geklappt mit dem Wechsel, wobei es dann für mich letztlich Dortmund geworden ist. Für mich war es dort aber schwieriger Fuß zu fassen als gedacht. Der Verein stand unten in der Tabelle, die Stimmung war im Keller, und dann kam ich als Wintertransfer dazu. Unter Klopp wurde ich aber vor allem als Flügelstürmer eingesetzt, was nicht so sehr meine Lieblings-Position ist: Ich sehe mich weniger als den schnellen Sprinter, der in die Lücke spurtet, sondern eher als denjenigen, der den Pass dorthin spielt.

In Leverkusen sind Sie wieder ins Zentrum des Spiels gerückt.

Aber ich spiele anders als in Salzburg weiter hinten, als der offensivere der beiden Sechser. Dort arbeite ich viel mehr defensiv und spiele nach vorne eher den vorletzten Pass als den letzten vor dem Torschuss. Mein Spiel ist viel strategischer geworden.

Nach dem Wechsel zum BVB sprachen Sie von der Erfüllung eines Traumes...

Es stimmt ja, dass ich als kleines Kind Dortmund-Fan war, BVB-Bettwäsche, Shampoo, alles hatte. Aber ich war seit der F2-Jugend Fußballer hier in Leverkusen, habe Trainern wie Markus von Ahlen, Jörg Bittner oder Burak Yildirim, der jetzt witzigerweise unser Mannschaftsarzt ist, unglaublich viel zu verdanken. Ich war selbst Balljunge im Stadion, habe Stars wie Michael Ballack das Leder zugeworfen. Unter diesen Eindrücken verblasste dann irgendwann der BVB.

Sie spielen jetzt im Zentrum oft neben Christoph Kramer — auch ein Fußballer, der einst in der Bayer-Jugend groß geworden und nun zurückgekehrt ist.


Ja, eine Wahnsinns-Geschichte. Er ist etwas jünger, war stets einen Jahrgang unter mir, in der A-Jugend haben wir dann zusammengespielt. An Christoph und mir sieht man, dass es manchmal besser ist, über Umwege ans Ziel zu kommen.

Welches Bild haben Sie als Erstes im Kopf, wenn Sie an die Vorrunde denken?

Natürlich das 1:1 gegen Barcelona in der Champions League, wo wir einfach hätten gewinnen müssen. Dann wären wir im Achtelfinale gewesen. So viele Chancen — der Gedanke daran ärgert mich immer noch extrem.

Ob Bayers extremer Pressing-Fußball langfristig Erfolg einfährt, ist eine spannende Frage.

In den englischen Wochen ist das schon nicht leicht. Am Ende der Vorrunde hat man gesehen, dass wir ein wenig an Substanz verloren hatten. Da musst Du Dich immer wieder überwinden, um dranzubleiben. Was mir aber auch nicht schwer fällt: Ich mag es eben, viel zu laufen, den Ball zu gewinnen, Torchancen einzuleiten. Wichtig war, jetzt eine gute Vorbereitung zu absolvieren, um für die Rückrunde aus dem Vollen schöpfen zu können.

Das letzte Thema in einem Kevin-Kampl-Interview ist Pflichtprogramm. Aber nervt Sie selbst inzwischen die Fragerei nach ihrer Frisur?


Ach, das bin ich gewohnt. Ungefähr seit der Zeit, als ich nach Osnabrück gegangen bin, färbe ich mir die Haare oben hell. Weil mir das Glück gebracht hat, habe ich das immer wieder gemacht — zudem bringt mir der Friseur-Besuch genau wie das Kochen oder Angeln Entspannung. Ich sehe das als Hobby.

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