Hoffenheims Höhenflug - Ex-Coach Rangnick: Top 5 möglich

Sinsheim (dpa) - Sechs Jahre nach der Herbstmeisterschaft mischt 1899 Hoffenheim in der Bundesliga wieder ganz vorne mit. Auch Ralf Rangnick, damals der Macher, ist angetan vom Aufschwung des einstigen Dorfvereins nach einigen unruhigen Jahren.

Hoffenheims Höhenflug - Ex-Coach Rangnick: Top 5 möglich
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„Die Hoffenheimer spielen richtig guten Fußball. Die muss man erstmal schlagen. Mich würde nicht überraschen, wenn die unter den ersten Fünf landen“, sagte der heutige Sportdirektor von RB Leipzig und Red Bull Salzburg der Nachrichtenagentur dpa.

Als Tabellenzweiter könnte sich die TSG jetzt Bayern-Jäger nennen - das tut aber keiner der Verantwortlichen. Da gab es schon andere Zeiten im Kraichgau: Als nach dem Höhenflug des Neulings 2008 der halbe Verein verrückt spielte. Oder als Markus Babbel - einer der mittlerweile sechs Nachfolger Rangnicks - auf dem Nummernschild des Mannschaftsbusses das Saisonziel propagierte: EL 1899 - EL wie Europa League. In Sachen PR ist Hoffenheim immer noch eifrig bemüht, einen der unbeliebtesten Clubs im deutschen Profifußball irgendwann doch ein bisschen populärer zu machen. Zuletzt kreierte die TSG das Motto: „Ein Team. Ein Weg. Einmalig.“

Markus Gisdol braucht solche Etiketten eigentlich nicht. Der Fußball, den er spielen lässt von seiner immer noch ungeschlagenen Mannschaft, spricht für sich: hoch stehen, früh angreifen, blitzschnell umschalten, variabel stürmen. Es steckt auch viel Rangnick in Gisdols Taktik. Der 45-Jährige war vor zehn Jahren Hospitant von Rangnick bei Hannover 96 und später sein Co-Trainer bei Schalke. Als die TSG am Wochenende beim 2:1-Sieg die Königsblauen durcheinanderwirbelte, da saß selbst Perfektionist Rangnick staunend vor dem Fernseher: „Das war klasse, davor muss man den Hut ziehen. Der Markus macht das gut.“

Gisdol hat es auch geschafft, aus der letztjährigen Schießbude (70 Gegentore) eine gesicherte Abwehr zu bauen. Bemerkenswert zudem, wie er einzelne Spieler verbesserte: Der lange stagnierende Sebastian Rudy stieg zum Nationalspieler auf, der Brasilianer Roberto Firmino gehört mittlerweile zu den besten Bundesliga-Stürmern, der erst 19 Jahre alte Innenverteidiger Niklas Süle glänzt mit überragenden Zweikampfwerten. Und Tarik Elyounoussi bildet mit Firmino und Kevin Volland ein starkes Trio und hat bereits vier Tore erzielt. „Er hat sich mit einer Ketchupflasche verglichen, auf die man immer klopft und schüttelt und irgendwann kommt dann alles auf einmal“, sagte Sportchef Alexander Rosen über den Norweger.

Die Spieler selbst loben den guten Umgangston und Geist im Team, auch wenn Mittelfeldspieler Pirmin Schwegler einräumte: „Es ist einfach, das zu predigen, wenn man so gut dasteht.“ Der Ex-Frankfurter schlug ebenso ein wie die Neuzugänge Ermin Bicakcic und - mit Abstrichen - Adam Szalai. Das Duo Rosen/Gisdol bewies auch bei den Transfers eine gute Hand, nachdem beide im ersten Jahr erstmal den Riesenkader verschlanken mussten und dabei die sogenannte Trainingsgruppe 2 und Problemfälle wie Ex-Nationaltorhüter Tim Wiese mitschleppten.

Jetzt haben Gisdol und Rosen beste Karten, um in Ruhe arbeiten zu können in einem Umfeld, das zuvor durch viele Personalwechsel für Schlagzeilen gesorgt hatte. Zudem hält sich Milliardär und Mäzen Dietmar Hopp mit öffentlichen Äußerungen zurück.

„Auch wir konnten damals ruhig arbeiten“, erinnert sich Rangnick an den Durchmarsch Hoffenheims ins Oberhaus. „Erst als wir Herbstmeister wurden, gab es erste innerbetriebliche Aufgeregtheiten. Jetzt, durch die lange Leidenszeit, ist man wohl ein bisschen demütiger geworden.“

Dass Spieler, Fans und Funktionäre jetzt übermütig werden, ist nicht auszuschließen. Aber Gisdol beobachtet dieser Tage seine Profis genau. „Es gibt gar keinen Grund, vermehrt auf die Tabelle zu schauen. Du machst ja die größten Fehler, wenn du erfolgreich bist“, mahnte er. Rosen sieht die Mannschaft noch nicht am Ende ihrer Entwicklung. „Ein Teil des Prozesses werden auch irgendwann mal Rückschläge sein“, erklärte er. „Keiner wird die Entwicklung bremsen, aber ich warne davor, uns zu überhöhen.“

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