„Hoeneß raus“: Fan-Wut und Kritik an VfL-Manager

Wolfsburg (dpa) - Deutliche Worte von Günter Netzer, Enttäuschung bei Ex-Coach Steve McClaren und immer stärkere Fan-Wut: In Dieter Hoeneß scheint für viele der Schuldige für die sportliche Talfahrt des VfL Wolfsburg ausgemacht.

Als der geballte Zorn der Anhänger beim 0:1 (0:1) gegen den Hamburger SV über ihn hereinbrach, hatte sich der Manager noch im Innenbereich des Stadions verschanzt. Die wütenden „Hoeneß raus“-Rufe dürfte er gleichwohl gehört haben.

Nach der dritten Niederlage in Serie entlud sich die Anspannung des VfL-Managers in den Katakomben. „Haben sie noch andere Fragen?“, blaffte Hoeneß einen Journalisten an, der es gewagt hatte, ihn auf die Fan-Proteste anzusprechen. Der missratene Einstand von Interimscoach Pierre Littbarski nach der Entlassung von Hoeneß gescheitertem Trainer-Experiment McClaren, die sich Woche für Woche verschärfende sportliche Situation beim Meister von 2009 und die wachsende Kritik an seiner Person setzen Hoeneß derzeit arg zu.

Auch Ex-Nationalspieler Günter Netzer nahm sich in der „Bild am Sonntag“ Hoeneß zur Brust. „Natürlich muss sich Dieter Hoeneß als Manager an der sportlichen Situation messen lassen. Das Berufsbild des Managers sagt aus, dass er mitverantwortlich ist für den sportlichen Werdegang eines Vereins. Also steht er auch in der Verantwortung für den miserablen Tabellenstand“, schrieb Netzer und hatte anscheinend eine Vorahnung. Nach den Sonntagsspielen fiel der Meister von 2009 auf Platz 15 zurück. Nur ein Tor trennt den VfL aktuell von Kaiserslautern auf dem Relegationsplatz.

In Gespräch mit der englischen „Times“ hatte McClaren am Wochenende dezent auf die Machtfülle von Hoeneß beim VfL hingewiesen. „Diese Struktur war bekannt. Vielleicht war es mein Fehler, dass ich mich nicht dran gewöhnen konnte“, sagte McClaren enttäuscht über sein Scheitern. In England ist es ungewöhnlich, dass neben dem Trainer noch ein Manager an den Mannschaftssitzungen teilnimmt.

Statt über seinen von den Fans geforderten Abgang sprach der Manager lieber über die Perspektive der eigentlich bis zum Sommer angedachten Übergangslösung Littbarski. „Es geht darum, dass wir Punkte brauchen“, sagte Hoeneß im ZDF. Will heißen: Gibt es unter „Litti“ nicht schnell zählbaren Erfolg, könnte es den vierten Trainerwechsel in Hoeneß' bislang 13-monatiger Amtszeit geben.

Der bisherige Assistent McClarens wollte sich nach dem Fehlstart nicht zu seiner Situation äußern. „Für mich persönlich möchte ich keine Wertung abgeben“, sagte Littbarski. Der als potenzieller Nachfolger gehandelte Ralf Rangnick bestätigte am Sonntagabend im TV-Sender Sky „Kontakt“ zu den Wolfsburgern, bekräftigte aber, „von Anfang an klar gemacht“ zu haben, erst ab Sommer wieder für ein mögliches Engagement im Fußball zur Verfügung zu stehen.

Die Trainersituation erinnert ein wenig an die vergangene Saison. Damals hatte Hoeneß als eine seiner ersten Amtshandlungen in Wolfsburg den jetzigen HSV-Coach Armin Veh vor die Tür gesetzt und Interimscoach Lorenz-Günther Köstner installiert. Veh konnte sich bei seiner Rückkehr nach Niedersachsen daher einen Seitenhieb auf den VfL nicht verkneifen: „Hier ist es doch immer besonders ruhig.“

Vor einem Jahr war auch Köstner wie nun Littbarski zunächst lange ein Trainer auf Abruf. Nur war Wolfsburg damals Zehnter. Zwei Trainerwechsel später und zwölf Spielerverpflichtungen für zusammen 53,6 Millionen Euro weiter, müssen die Anhänger nach 14 Jahren Zugehörigkeit gar den Abstieg aus der Eliteklasse befürchten. „Es geht um die Existenz des Vereins“, mahnte Kapitän Marcel Schäfer frustriert nach der Niederlage, die Mladen Petric per Foulelfmeter (34. Minute) besiegelt hatte.

Ohne den wegen seines geklauten Elfmeter in der Vorwoche suspendierten Diego mangelte es an Durchschlagskraft. „Uns fehlte heute eine gewisse Portion Genialität“, räumte Littbarski ein. Dennoch beeilte sich Hoeneß, den neuen Coach für seine harte Hand zu loben und ein wenig gegen McClaren nachzutreten. „Das finde ich richtig. Das ist das, was vorher gefehlt hat“, sagte Hoeneß, der ansonsten Durchhalteparolen verkündete: „Es wird ein schwerer Weg, aber den werden wir erfolgreich gehen.“

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