Die Demontage eines Vereins

Erst nehmen die geretteten Kölner, dann die Frankfurter Fans ihre Eintracht auseinander. Der Abstieg steht unmittelbar bevor.

Frankfurt. Heribert Bruchhagens Miene war in Stein gemeißelt. „Das ist der Tiefpunkt in meinen acht Jahren bei der Eintracht“, sagte der Frankfurter Vorstandschef. Draußen randalierten etwa hundert hessische Chaoten, in den Katakomben erklärte Christoph Daum gleichsam ehrlich wie ratlos, wie er den Abstieg der Eintracht doch noch vermeiden will: „Im Moment habe ich nur Durchhalteparolen. Die Fakten sprechen nicht für uns.“

0:2 gegen Köln, das proklamierte Endspiel war ein Festival der Bleiwesten, der geplagte Frankfurter Kader, in dem ehemalige Größen wie Nikolov, Altintop, Meier oder Amanatidis nur noch Nebenrollen auf der Bank spielen, gelang auch im siebten Spiel unter Daum kein Sieg.

„Wir haben uns fast keine Torchance erarbeitet“, befand der 57-Jährige mit leerem Blick. Er hätte auch sagen können: Wir haben gar keine Idee gehabt, wie wir den Ball überhaupt in die Spitze vorbringen können. Frankfurt wirkt leblos, ohne Glaube an sich, kaum einer traut diesem faden Ensemble zu, am Samstag bierselige Dortmunder zu besiegen. Es wäre der vierte Abstieg nach 1996, 2001 und 2004. Und die Demaskierung Daums, dem in Frankfurt inzwischen vorgerechnet wird, dass er nur elf und nicht — wie euphorisch angekündigt — 25 Stunden täglich arbeitet.

Lieber als über den erbärmlichen Auftritt seiner Elf sprach Daum über Deeskalierungsstrategien im Umgang mit den gewaltbereiten Fans, die das Feld stürmten, Banden und auch eine 600 000 Euro teure Spezialkamera zerstörten. Zehn Verletzte, sechs Festnahmen. Erst eine Hundertschaft von Polizisten trieb den aufgeregten Mob zurück auf die Tribüne, doch da war der Ruf der Eintracht längst ramponiert. „Die Sicherheitsbeamten haben gut funktioniert“, sagte Bruchhagen gestern, Eintracht-Präsident Peter Fischer verharmloste: „Das sind alles Frankfurter Jungs, mit denen muss man nur reden.“ Der DFB ermittelt.

Anders sahen das die Kölner. „Man muss ja froh sein, dass man nicht vom Feld geschlagen wird“, sagte Linksverteidiger Christian Eichner, der mit den Seinen die Feierlichkeiten auf dem Platz in eine Kabinenflucht vor Frankfurter Chaoten verwandeln musste.

„Wir holen die Feier am Samstag gegen Schalke nach“, sagte Lukas Podolski, der seinen lustlosen Auftritt mit einem Elfmetertor abmilderte und so dem engagierten Adil Chihi nachfolgte, der das 1:0 per Kopf erzielt hatte. „Ich bin glücklich, dass wir es geschafft haben, über meine Zukunft reden wir später.“ Im Winter suspendiert, schoss der 23-Jährige den FC nun zum Klassenerhalt nach einer Saison, die Köln spaltete wie kaum eine andere zuvor.

Volker Finke, der sich als Interimstrainer am zweiten Sieg im zweiten Spiel erfreute, rückte den Verdienst seines Vorgängers Frank Schaefer in den Vordergrund, sobald er ein Mikrophon besprach. „Mein Glückwunsch und Dankeschön geht an Frank Schaefer, der nach der Soldo-Zeit den Umschwung eingeleitet hat“, sagte er. Für Weiteres, so las sich zwischen den Zeilen, sei nun aber er, Finke, verantwortlich. Am Abend im Sportstudio verdeutlichte der Sportdirektor, dass es ihm um eine Versachlichung des Fußballs gehe. „Man hat hier den Eindruck, dass Köln immer einen Messias braucht“, sagte Finke und meinte Schaefer. Nun will er die Planungssicherheit nutzen, um „ein, zwei Fährten in der Trainerfrage zum schnellen Abschluss“ zu bringen. Die Namen Marco Pezzaiuoli (noch 1899 Hoffenheim) und Thorsten Fink (FC Basel) halten sich hartnäckig.

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