DFB nimmt Referees in Schutz

Düsseldorf (dpa) - Fehler können passieren! Nach der unberechtigten Roten Karte gegen BVB-Profi Marcel Schmelzer hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) die Referees in Schutz genommen.

„Jeder Schiedsrichter hat pro Spiel 220 Entscheidungen zu treffen. Das sind bei neun Spielen fast 2000 Entscheidungen“, sagte Lutz Wagner, Mitglied der DFB-Schiedsrichterkommission, am Montag der Nachrichtenagentur dpa. „Dass dabei nicht alles richtig ist, das ist klar und kann gar nicht sein.“ Zugleich lobte er, dass sich Schiedsrichter Wolfgang Stark zu seinem Fauxpas bekannte: „Das ist die richtige Reaktion, wenn die Fakten auf dem Tisch liegen.“

Nach einer Spielanalyse des Sportmagazins „Kicker“ hat die Fehlentscheidung von Stark beim 2:3 von Borussia Dortmund gegen den VfL Wolfsburg nur die Serie der groben Schnitzer fortgesetzt. Danach habe es in 135 Partien der aktuellen Hinrunde 73 Fehler rings um Tore, Strafstöße oder Platzverweise gegeben.

„Was ist die klare Fehlentscheidung, durch wen und wie wird sie definiert? Und wann sorgt ein Fehler für Aufsehen?“, entgegnete Wagner. „Wenn ein Ball am Tor vorbeigeht, sorgt es nicht für Aufsehen, wenn es eine Rote Karte gibt oder einen Freistoß, ist das anders.“ Ebenso müsse man auch immer fragen, wer die Statistiken aufgestellt habe: „Das muss man mit Vorsicht betrachten.“

Die Kontrolle der Schiedsrichter und ihrer Leistungen seitens der elektronischen Medien werde größer. „Alles wird mehrfach überprüft. Alles wird stark durchleuchtet, und die Aufarbeitung der Leistungen ist intensiver“, sagte Wagner. Die Aufgabe der Referees sei dadurch nicht leichter geworden. „Der Druck war schon immer da, und je mehr sich dafür interessieren, wird er nicht weniger.“

In der aktuellen Debatte um Schiedsrichterfehler wird auch wieder die Forderung nach Einführung des Videobeweises im Profi-Fußball laut. „Der vierte Schiedsrichter vor dem Bildschirm muss her, damit im Fußball endlich wieder echtes Fair Play einziehen kann“, forderte Ex-Weltmeister Thomas Berthold in einer „Kicker“-Kolumne (Montag). „Eine Fehlentscheidung kann zu Punktverlusten führen, die im schlimmsten Fall am Ende sogar die Zukunft eines Clubs gefährdet.“ Für den einstigen Nationalspieler Stefan Effenberg wäre ein „Vetorecht der Trainer“ bei strittigen Szenen der richtige Weg, sagte er dem Bezahlsender „Sky“.

DFB-Regelhüter Wagner ist nicht bedingungslos für den TV-Beweis. „Die Schiedsrichter in Deutschland haben sich bei Schwarz-Weiß-Situationen wie einem Tor dafür ausgesprochen, die Technik anzuwenden“, erklärte er. „Bei Situationen, in denen die Fachkenntnis bei Regeln gefragt ist, sollte man alles so lassen wie es ist.“

Meister Borussia Dortmund hilft das alles nichts mehr. „Es fällt immer noch schwer, das zu akzeptieren“, meinte Sportdirektor Michael Zorc. „Es ist okay, dass er das nach Sichtung der Fernsehbilder zugibt, aber da gibt es ja keine zwei Meinungen. Helfen tut es uns nicht mehr, die Punkte sind weg. Das ist ärgerlich.“ Immerhin wird Schmelzer nicht gesperrt. Wie erwartet, beantragte der DFB-Kontrollausschuss am Montag die Einstellung des Verfahrens. Schmelzer ist deshalb bereits im kommenden Bundesligaspiel am Sonntag bei der TSG 1899 Hoffenheim spielberechtigt.

Der Platzverweis von Schmelzer ist nicht die erste Rote Karte, die nach einer erkannten Fehlentscheidung keine Sperre nach sich zieht. 1979 war Torjäger Klaus Allofs von Fortuna Düsseldorf im DFB-Pokal gegen Bayer Leverkusen des Feldes verwiesen worden, ohne danach gesperrt zu werden. Auch Sergej Barbarez (Hamburger SV) im Jahr 2001, Hasan Salihamidzic (Bayern München) 2003 und Alexander Madlung (Hertha BSC) 2004 kamen ohne Sperre davon.

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