Bayern haken Titel ab - Van Gaal: Unrealistisch

Gelsenkirchen (dpa) - Uli Hoeneß stapfte mit saurer Miene durch die Arena-Katakomben und hielt sich tapfer an sein Schweigegelübde, dafür redeten Trainer und Spieler des FC Bayern Klartext und verabschiedeten sich aus dem Meisterrennen.

„Wenn wir realistisch sind, müssen wir auf Platz zwei oder drei gehen. Wir erhöhen den Druck auf Dortmund nicht, auch Mainz tut das nicht. Dann wird es einfach sein für Dortmund“, gestand Trainer Louis van Gaal nach der „unglaublichen Niederlage“ beim FC Schalke 04. Philipp Lahm empfahl nach der 0:2-Pleite und dem Riesenrückstand auf die Borussia, sich mit dem Titel nicht mehr zu beschäftigen: „Entscheidend ist nun, dass wir um einen Platz in der Champions League kämpfen. Denn da gehört der FC Bayern hin.“

Bis zum „letzten Blutstropfen“ müsse man um die Meisterschale kämpfen, hatte Präsident Hoeneß auf der Jahreshauptversammlung Trainer und Team noch angefleht, sich bemüht, Aufbruchstimmung zu erzeugen. Nur vier Tage später waren seine Worte Makulatur. Ausgerechnet für den taumelnden Tabellen-15. aus dem Revier erwies sich das Star-Ensemble als Aufbaugegner. Die Pleite schmerzte umso mehr, weil sie unnötig war.

Van Gaal konnte es nicht fassen, dass seine Elf nach der Vielzahl von Großchancen in der ersten Halbzeit nicht in Führung gegangen war und nach Treffern von José Manuel Jurado (58.) und Benedikt Höwedes (67.) erstmals seit dem 13. März 2005 geschlagen die Heimreise aus Gelsenkirchen antreten musste. „Wir hatten fünf, sechs hundertprozentige Chancen, aber schießen kein Tor. Und im Fußball geht es um Tore“, bilanzierte der Niederländer enttäuscht.

Ob Franck Ribéry, Bastian Schweinsteiger, Mario Gomez oder Toni Kroos - entweder Schalkes Keeper Manuel Neuer verhinderte in Weltklassemanier den Rückstand oder die Bayern-Stars scheiterten am eigenen Unvermögen (Gomez) und am Pfosten (Schweinsteiger). „Wenn man merkt, dass nicht mehr als ein 0:0 drin ist, muss man zumindest das mitnehmen“, jammerte Mark van Bommel, der mit der Elf stattdessen in der zweiten Hälfte unterging. Gleichwohl glaubt der Niederländer noch an eine kleine Meisterchance. „Aber dann müssen wir jetzt eine Serie starten.“

Dass man nach dem 0:1 nichts mehr zuzusetzen hatte, war für van Bommel unerklärlich: „Eigentlich ist es unsere Stärke, nach einem Rückstand zu reagieren. Aber das war heute nicht ausreichend.“ Schonungslos kritisierte der „Kaiser“ das erneut desolate Abwehrverhalten der Bayern. Vor dem 0:1 ließ sich Breno von Raúl düpieren, rutschte zudem unglücklich aus. „Danach waren die Bayern geschockt, es ging überhaupt nichts mehr“, stellte Franz Beckenbauer fest. Auch er erklärte die Titelverteidigung zum Tabuthema: „Man sollte sich auf Platz zwei konzentrieren. Dann wird der FC Bayern eben mal nicht deutscher Meister.“

Als „Sieg des Willens“ bezeichnete Schalkes Trainer Felix Magath den Befreiungsschlag nach einer „aufregenden Woche“. Nach der peinlichen 0:5-Klatsche in Kaiserslautern hatte er dem Aufsichtsrat erklären müssen, wie er das Team aus der schwierigen Lage herausführen will. In alt bekannter Manier hatte Magath gegenüber den Spielern mit Härte reagiert, strich den Weihnachtsurlaub zusammen, versetzte drei Profis (darunter Jermaine Jones) ins Regionalligateam. „Ich bin kein Trainer zum Knuddeln oder zum Liebhaben“, gab Magath zu, womit er auch sein angespanntes Verhältnis zu den Fans meinte.

Immerhin, die Maßnahmen wirkten. Der letzte Anstoß sei aber aus dem Team selbst gekommen, betonte Neuer: „Wir haben uns intern zusammengesetzt und die richtige Reaktion gezeigt. Das war ja Sinn der Maßnahme. Die Niederlage in Kaiserslautern mal ausgenommen, gab es bei uns ja einen positiven Trend“, so Neuer weiter. Nun wolle man die letzten zwei Ligaspiele in Mainz und gegen Köln gewinnen, um bis Weihnachten Boden gutzumachen. „Wir müssen sehen, dass die Mannschaft nicht in Euphorie verfällt und so weiter macht.“

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