Borussia Mönchengladbach Tritt ins Gesicht - Gladbach-Ultra wegen versuchten Totschlags vor Gericht

Auslöser war ein kleiner Rempler im Stadion. Der prominente Fan einer Ultra-Gruppierung tritt dem anderen mit Wucht gegen den Kopf - angeblich, weil er sich verteidigen musste. Jetzt steht er vor Gericht.

Der Angeklagte am Dienstag vor Prozessbeginn im Landgericht in Mönchengladbach neben seinem Anwalt. Das Mitglied der Mönchengladbacher Ultras ist wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung angeklagt.

Der Angeklagte am Dienstag vor Prozessbeginn im Landgericht in Mönchengladbach neben seinem Anwalt. Das Mitglied der Mönchengladbacher Ultras ist wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung angeklagt.

Foto: Wolfram Kastl

Mönchengladbach. Es ist eine Szene, wie es sie überall in den Stadien gibt: Vor dem Bundesligaspiel vorne an der Bude noch ein Bierchen holen und dann rauf auf die Ränge. Ein 37 Jahre alter Fan hat das beim Heimspiel gegen Darmstadt 96 im vergangenen Dezember fast mit dem Leben bezahlt. Ein prominenter Fan einer Ultra-Gruppierung hat am Dienstag vor dem Landgericht Mönchengladbach gestanden, dass er dem 37-jährigen nach einem Rempler ins Gesicht getreten hat. Er habe sich gegen den Mann verteidigen müssen, stellte der 29-jährige Angeklagte beim Prozessauftakt fest.

Auf den eher jungenhaft wirkenden Mann mit bis oben zugeknöpften Hemd, Brille und ordentlicher Frisur hören normalerweise die Fan-Massen: Als Vorsänger dirigiert er von einem Podium am Zaun Tausende beim rhythmischen Klatschen und bei den Fan-Gesängen, wie er selbst den Richtern schilderte. Jetzt steht er wegen versuchten Totschlags vor Gericht. Ihm gegenüber saß das Opfer als Nebenkläger. Beide kannten sich nach eigenen Angaben vorher nicht. Das 37-jährige Opfer habe ihn vor dem Spiel im Bereich der Aufgänge leicht angerempelt und gesagt: „Bald hab ich Deinen Posten“, sagte der Angeklagte. Dann habe er ihm die vier Becher Bier von seinem Tablett über den Kopf geschüttet. Er habe den Mann weggeschoben, sagte der Angeklagte. Als der andere dann aber mit eingezogenem Kopf auf ihn zugekommen sei, habe er sich wehren müssen und „im Affekt“ zugetreten.

Kerzengerade sei der dann auf den Boden geknallt. Im Leben des jungen Angeklagten schien bis dahin vieles glattgelaufen zu sein, wie aus seinem Lebenslauf deutlich wurde: Gutes Elternhaus, Abitur, zügiger Studienabschluss, Praktika in Firmen, Vorsänger im Stadion, „ein angesehenes Amt“, wie er sagte. Das Opfer weiß nicht, was damals passiert ist - keinerlei Erinnerung. Aber eines weiß der Mann: Dass er kein Interesse hat, Vorsänger zu werden. „Ich will Fußball gucken und nicht mit dem Rücken zur Mannschaft stehen“, sagte der Mann, in dessen Leben sich seitdem vieles geändert habe, wie er sagte.

Er konnte sich erinnern, was in den Stunden vor dem Spiel war: Da hatte er mit einem Kumpel zuhause gesessen, eine Flasche Wodka leergemacht und einige Flaschen Bier getrunken. Nach eigenem Ermessen war er „angesäuselt“ als sie zum Stadion fuhren. Für einen Zeugen, der an dem Tag vor dem Spiel an der Bierbude gestanden hatte, sah es eher so aus, als ob der Mann betrunken war: Er habe beim Gehen gewankt. Aus etwa fünf Meter Entfernung sah der Zeuge nach eigenen Angaben den Rempler mit dem Angeklagten. „Der Rempler war für mich eine Lappalie“, sagte er. Dennoch habe sich daraus ein Wortgefecht entwickelt. Das spätere Opfer habe zwei Finger in einen Bierbecher gesteckt und dann den Kontrahenten bespritzt. Der Angeklagte habe den Mann gestoßen und in der Folge das Tablett mit dem Bier gegen die Brust bekommen.

Als das Opfer um Gleichgewicht ringend nach vorne wankte, habe ihm der Angeklagte „mit voller Wucht“ ins Gesicht getreten. Er selbst habe sich noch gefragt, wie der Mann so etwas machen könne, „als Vorbild für Jüngere“.

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