Borussia Mönchengladbach vor dem Abenteuer in Donezk Hofmann, der Spätstarter

Mönchengladbach · Gladbachs Mittelfeldmotor hat eine erstaunliche Entwicklung hinter sich gebracht. Der 28-Jährige gehört längst zu den Konstanten. Auch heute in Donezk?

 Auch im Real-Spiel gegen Sergio Ramos gab Jonas Hofmann eine gute Figur ab.

Auch im Real-Spiel gegen Sergio Ramos gab Jonas Hofmann eine gute Figur ab.

Foto: dpa/Marius Becker

Der FC Rot ist ein rühriger Verein im Rhein-Neckar-Kreis, unweit von Heidelberg. 800 Mitglieder zählt der Klub, in dem Fußball-Profi Jonas Hofmann von Borussia Mönchengladbach das Fußball-Einmaleins lernte. „Ich kann mich noch gut an Jonas erinnern. Ich habe ihn von der Bambini-Mannschaft bis zur C-Jugend unter meinen Fittichen gehabt. Er war ein aufgeweckter Junge“, sagt Franz Owesny (75), langjähriger Jugendcoach im Klub.

Die Fußballjahre in seinem Heimatdorf müssen für Jonas Hofmann eine gute Schule gewesen sein: Rund 20 Jahre später ist aus ihm ein erfolgreicher Bundesligaprofi geworden. Inzwischen durfte der Mittelfeldspieler der Fohlen-Elf sogar nationalen Ruhm erfahren und erstmals das Trikot mit dem Adler auf der Brust überstreifen. Für die Macher beim FC Rot war das Grund genug, ihren populärsten Spieler auf besondere Art zu würdigen. Nach seinem Debüt in der Nationalmannschaft Mitte Oktober (3:3 gegen die Türkei) trommelte der FC Rot unter der Regie von Verwaltungsvorstand Franz Götzmann ein paar Dutzend Mitglieder vornehmlich aus der Jugendabteilung zusammen, und schon entstand ein schönes Foto für die vereinseigene Website. Mittendrin das Konterfei von Jonas Hofmann im Nationaltrikot. „Die Verbindung zu Jonas ist nie abgebrochen“, sagt Jugendtrainer Owesny, „zumal ja auch seine Eltern und weitere Angehörige hier wohnen. Wir verfolgen Jonas‘ Laufbahn seit Jahren intensiv.“ 

Im Moment erleben nicht nur die Fans aus dem Rhein-Neckar-Kreis durch die Corona-Pandemie eine vollkommen neue Fußball-Wirklichkeit, eine Fußball-Welt ohne Fans und Emotionen, in der sich Hofmann aber bestens zurechtgefunden zu haben scheint. Seit Wochen ist der 28-jährige, der fußball-technisch per se zur ersten Kategorie gehört, in konstant stabiler Form. „Er ist einer der fleißigsten und lauffreudigsten Spieler der Liga“, sagt Matthias Ginte, sein Teamkollege. Vorläufiger Höhepunkt des Kreativspielers war das Führungstor für die Borussia in der Champions League bei Inter Mailand (Endstand 2:2), als er dem gegnerischen Torwart Handanovic den Ball schlitzohrig durch die Beine schoss.

Mit zwei Treffern und vier Vorlagen ist der 28-jährige Offensiv-Allrounder, der in jungen Jahren auch dem Handballsport zugetan war, momentan der Top-Scorer bei Borussia Mönchengladbach – und er spielt fast immer. Cheftrainer Marco Rose gönnte ihm auch im Spitzenspiel gegen Leipzig keine Pause und ließ ihm den Freiraum, den Hofmann für seinen Rhythmus braucht. Der 1:0-Erfolg, der erste dreifache Punktgewinn gegen den bisherigen Tabellenführer im neunten Versuch, gab ihm Recht: Hofmann leistete zum wiederholten Mal ein hohes Laufpensum:  Mit 12,2 Kilometer war er Gladbachs laufstärkster Akteur und landete in der Liga am vergangenen Spieltag unter den Top-Ten.

Hofmann ist ein „Spätstarter“ in der Fußball-Bundesliga. Insbesondere in der Dortmunder Zeit saß er oft auf der Bank. Von einem verkannten Genie war zuweilen die Rede. Auch Jürgen Klopp schaffte es nicht, dem in Hoffenheim groß gewordenen Fußballer mit dem feinen Füßchen auf die Sprünge zu helfen. Über 38 Bundesligaspiele zwischen 2012 und 2015 kam Hofmann nicht hinaus, und seine Torausbeute war seinerzeit mit drei Treffern überschaubar.

In Mönchengladbach warfen ihn etliche Verletzungen immer wieder aus der Bahn. Richtig auf Touren kam der gebürtige Heidelberger erst nach dem Corona-Re-Start Mitte Mai. Beim 3:1-Sieg in Frankfurt leistete er die Vorarbeit zu Pleas 1:0.  Insbesondere aber beim fulminanten Liga-Schlussspurt mit drei Siegen zum Finale warf die „Laufmaschine“ alles in der Waagschale, erzielte vier Scorerpunkte (3 Tore, eine Vorlage) und genoss die Momente der Freude angesichts des Einzugs in die Königsklasse in vollen Zügen: „Die Emotionen auf dem Platz nach dem 2:1 gegen Hertha trotz eines leeren Stadions habe ich immer noch im Kopf.“

Inzwischen sind die Borussen vom Niederrhein in der Champions-League nicht nur angekommen, sondern haben sich in den beiden ersten Begegnungen gegen Inter Mailand und Real Madrid bei zwei Unentschieden wahrlich Respekt verschafft. Nun folgt am Dienstagabend der dritte und letzte Akt in der Vorrunde der Gruppenphase in Kiew gegen Schachtar Donezk.  Die Ukrainer, die die Gruppe mit vier Punkten anführen, werden der nächste harte Prüfstein für das Rose-Team sein. Am Montag ist der Gladbach-Tross wohlbehalten in Kiew angekommen, wo das Spiel am Dienstag um 19.55 Uhr Ortszeit angepfiffen wird (18.55 Uhr/DAZN). Für Borussia Mönchengladbach ist es das erste Pflichtspiel gegen Donezk, genauso wie für Jonas Hofmann, der in Kiew seinem 25. Europapokalspiel entgegensieht. Auf den laufstarken Mittelfeldspieler und dessen technische Finessen kann Cheftrainer Marco Rose momentan nämlich kaum verzichten.

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