Borussia braucht Erfolgserlebnisse In diesen Bereichen muss sich Borussia Mönchengladbach verbessern

Analyse | Mönchengladbach · Schlechter als vor einem Jahr und in drei Statistiken Schlusslicht - bei Borussia Mönchengladbach muss sich etwas tun. Die Lage in der Analyse.

Für die Fohlen-Elf geht es mit dem Spiel gegen den VfB Stuttgart am Freitagabend in die „Woche der Wahrheit“.

Für die Fohlen-Elf geht es mit dem Spiel gegen den VfB Stuttgart am Freitagabend in die „Woche der Wahrheit“.

Foto: dpa/Andreas Gora

Mit einer englischen Woche zieht die Fußball-Bundesliga vor ihrer auf Grund der Weltmeisterschaft bald über zwei Monate währenden Pause einen kräftigen Endspurt an. Für Borussia Mönchengladbach steht dabei ein Paket aus Spielen gegen den VfB Stuttgart (4. November, 20.30 Uhr), beim VfL Bochum (8. November, 20.30 Uhr) sowie gegen Borussia Dortmund (11. November, 20.30 Uhr) vor der Tür. Immerhin gibt es in diesen acht Tagen keine weite Auswärtsfahrt – was Trainer Daniel Farke etwas mehr Zeit verschafft, um an der Vorbereitung der drei Partien zu arbeiten. Schließlich wird die anstehende intensive Woche für die Borussia zur „Woche der Wahrheit“. Die Sonne der Aufbruchstimmung droht nach den jüngsten Rückschlägen im Herbst-Nebel zu verschwinden.

„Wir müssen die Situation sachlich analysieren. Wir wollen eine stabile Saison spielen und hatten dafür einen richtig guten Start geschafft. Jetzt befinden wir uns gerade in einer Phase, die nervt“, sagte Farke am vergangenen Sonntag nach dem 1:2 beim 1. FC Union Berlin. Es war die dritte Pflichtspiel-Niederlage in Folge und die vierte sieglose Partie hintereinander. Natürlich lassen sich als Grund die Ausfälle der verletzten Leistungsträger Yann Sommer (Bänderriss im Sprunggelenk), Ko Itakura (Innenband-Teilriss) und Florian Neuhaus (Teilriss des Kreuzbandes) anführen. Auch Hannes Wolf (Schulter-Operation) steht als Alternative nicht zur Verfügung. Immerhin kehren gegen Stuttgart Jonas Hofmann (nach Schultereckgelenksprengung) und der im Stadion an der alten Försterei wegen seiner fünften gelben Karte gesperrte Manu Koné in den Kader zurück.

Mit den Verletzten ist Balance
und Erfahrung verloren gegangen

In diesem hofft Farke auch auf Ramy Bensebaini. Der Linksverteidiger musste in der Wuhlheide kurz vor Schluss mit Problemen am Sprunggelenk ausgewechselt werden, seine Kopfballstärke fehlte kurz darauf beim späten K.o.-Treffer der Köpenicker. „Außer Ramy wird von den Verletzten eher keiner zurückkehren. Das ist eine schwierige Situation, die leider wohl auch noch etwas anhalten wird. Von daher müssen wir in den verbleibenden drei Spielen zusammenhalten, kämpfen und auf die Zähne beißen“, erklärte Farke. Auffallend ist schon, dass sein Team in den ersten sieben Partien mit nur fünf Gegentoren (Schnitt 0,71) die beste Defensive der Liga stellte, seit Beginn der Ausfall-Seuche in sechs Spielen jedoch 16 Treffer (Schnitt 2,66) schlucken musste. Borussias Balance ist definitiv aus dem Takt geraten, doch das ist nur die halbe Wahrheit.

Hinter den Stammkräften klafft eine Qualitätslücke – ein Grund, warum Farke so selten wie kein anderer Bundesliga-Trainer wechselt. Luca Netz (19) und Nathan Ngoumou (22) sind noch keine echte Alternative, Oscar Fraulo (18), Rocco Reitz (20), Conor Noß (21) und Yvandro Borges-Sanches (18) kaum eine Option. Neben dem bösen Patzer von Torhüter Tobias Sippel vor dem 1:1 war es bei den „Eisernen“ Borges-Sanches, dem beim 1:2 ein taktischer Fehler unterlief. Das kann in seinem Alter vorkommen – sein Einsatz zeigt jedoch, wie schmal der Kader ob der fehlenden Teilnahme am Europapokal ist. „Ich kann nicht lügen, die Szenen bei den Gegentreffern wurden nicht perfekt gelöst. Wir sind eben nicht so breit aufgestellt – da wird es personell schwierig, wenn Schlüsselspieler fehlen. Irgendwo ist das dann schon eine Qualitätsfrage“, meinte Farke.

Schlechter als vor einem Jahr und in drei Statistiken Schlusslicht

So stehen die „Fohlen“ nach zwölf Spieltagen sogar schlechter da als zum gleichen Zeitpunkt der vergangenen Saison. Damals bedeuteten fünf Siege, drei Unentschieden und vier Niederlagen Platz neun – nun ist es mit vier Erfolgen, vier Remis sowie vier Pleiten Rang elf. Es wurden zwei Punkte weniger geholt und den drei mehr erzielten Treffern stehen fünf mehr kassierte gegenüber. Hinzu kommt der Fakt, dass nach Platzverweisen gegen Posch (Hoffenheim/19. Minute), Uremovic (Hertha BSC/69.) sowie Kainz (Köln/45.+1) drei der vier Siege in Überzahl erreicht wurden. Beim 0:1 gegen Mainz war die Borussia durch die rote Karte für Itakura (53.) dezimiert gewesen.

Diese Situationen von Glück oder Pech im Spiel sind selbstverständlich nur mittelbar beeinflussbar, bei für den Erfolg unmittelbar beeinflussbaren Dingen jedoch weist die Borussia hinterfragungswürdige Defizite auf. So sind die Gladbacher das Team mit der drittschlechtesten Quote an gewonnenen Zweikämpfen. Ein Wert, der sich ohne Koné noch weiter nach unten bewegen würde – schließlich ist der Franzose der zweitbeste Zweikämpfer der Liga. In den Statistiken Laufleistung, Sprints und intensive Läufe liegen die „Fohlen“ sogar gleich dreimal auf dem letzten Platz. An der Tatsache der fünftältesten Start-Elf (27,01 Jahre) kann dies nicht liegen, immerhin schaffte es Union Berlin in dieser Saison mit dem nach dem VfL Bochum (29,02 Jahre) zweitältesten Team (27,87 Jahre) bisher 101,9 Kilometer mehr zu laufen. Allein im Spiel gegeneinander am vergangenen Sonntag betrug der Unterschied in der Laufleistung 8,7 Kilometer.

Durchwachsene Bilanz erschwert Vertragsverlängerungen

Überdies sind die Gladbacher das Team, welches am wenigsten Foul spielt. Hört sich gut an, ist aber nur etwas für die Fairness-Tabelle. Damit hier kein Missverständnis aufkommt – es geht nicht um rücksichtslose Aktionen, sondern um „intelligente“ Fouls. Union Berlin wies gegen die Borussia 16:5 Vergehen auf, mit diesen konnte der Spielfluss des Gegners immer wieder gestört werden und sich die Mannschaft geschlossen hinter dem Ball positionieren. In oberen Statistik-Bereichen befindet sich das Farke-Team wie erwartet beim Ballbesitz (Platz vier) sowie bei der Passquote (Rang fünf). Die Krux: Ein großer Teil des Ballbesitzes hat keinen Mehrwert und viele Pässe landen in für die Gegner wenig gefährlichen Bereichen. Durch die oben erwähnten Defizite aber ist die Borussia leicht auszuspielen sowie vor dem eigenen Tor anfällig.

Ohne die verletzten Spieler wird Farke bis zur Liga-Pause an diesen Stellschrauben kaum noch arbeiten können, gute Resultate müssen dennoch eingefahren werden. Sieben Punkte sollten in den drei anstehenden Spielen her – nicht nur, um die vom 46-Jährigen bislang wieder hergestellte gute Atmosphäre nicht zu gefährden. Es geht auch um die angestrebten Vertragsverlängerungen von Sommer, Bensebaini und Thuram. Dem Trio muss eine klare sportliche Perspektive aufgezeigt werden. „Ich denke, wir haben ein gutes Fundament gelegt“, sagte Bensebaini jüngst, der Algerier ergänzte aber auch klipp und klar: „Ich bin in meiner Karriere immer den nächsten Schritt gegangen, es ging stets weiter nach oben. Ich suche die Herausforderung und möchte mich auf einem immer höheren Niveau beweisen.“ Dieses Niveau hat die Borussia derzeit nicht.

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