Die „eisernen Fans“ der Borussia

Der St. Töniser Werner Lessenich radelt den Niederrhein hoch und runter und legt Skulpturen den Schal mit der Raute um.

Niederrhein. Harald, der Kanalarbeiter, steckt 21 Kilometer Luft-Linie vom Anstoßpunkt des Gladbacher Borussen-Stadions entfernt seinen Kopf aus dem Asphalt. Tag für Tag.

Am 8. September 2009 wusste der schweigsame Typ aus Neuss für einige Momente nicht, wie ihm geschah: An diesem Tag war wie aus dem Nichts ein Radler aufgetaucht, hatte ihm einen Fan-Schal mit Borussen-Raute um den Hals gebunden und ein Foto gemacht.

Nun ist der Geselle aus Bronze Teil einer Denkmal-Foto-Serie von Werner Lessenich (61) aus St. Tönis. Dessen lange Liebe für den niederrheinischen Fußball-Bundesligisten hat durch etliche Klicks im Internet in den letzten Monaten noch einmal einen Kick bekommen: Lessenich radelt mit seinem 21-Gänge-Trecking-Rad am Niederrhein kreuz und quer, sucht pro Stadt oder Stadtteil eine Skulptur auf und verewigt sie mit Borussen-Strick am Hals auf seiner Homepage www.eisernefans.de.

"Diese Homepage ist das konsequente Ergebnis aus der Bündelung meiner fünf Hobbys: Fotografieren, Radfahren, PC und Internet, Heimatkunde und die Liebe zu Borussia", sagt Lessenich.

Das erste Mit-Schal-Motiv war das Martinsdenkmal seiner Heimatstadt St. Tönis. Am 14. März 2009 hat er es fotografiert und anschließend ins Netz gesetzt. Kein Foto ohne Informationen über Ort, Lage (Straße/Platz), GPS (Breiten- und Längengrad sowie Entfernung zum Borussenpark), Künstler und Tag der Aufnahme.

Und schließlich noch "dies und das". Lessenich lässt sich jedes Mal einen Text zur Skulptur mit Schal einfallen, Gedanken, die immer einen Bezug zur Borussia haben. In St. Tönis lag der Ansatz auf der Hand. Lessenich: "Hier ist Gladbachs Abwehrspieler Tobias Levels geboren. Dessen Großvater Anton war 50 Jahre lang der St. Martin-Darsteller."

Mit dem Rad ist Werner Lessenich meistens allein unterwegs. Er habe immer "mit Augenzwinkern" fotografiert. Aufs Rad steigt er nie ohne Borussenkappe. Die hatte er im Herbst 2008 in Hinsbeck gelüpft, um sie dem Hänsbäcker Jüut auf den Kopf zu setzten. "Da habe ich gedacht: Der würde auch gut mit Schal aussehen."

Zwei Schals besitzt der St. Töniser, einen dezenten Schwarzen mit kleinem Borussen-Logo ("Ein Geschenk meiner Frau - für gut") und den grün Gestrickten mit Raute und Schriftzug.

Der muss nun immer mit. Auch die 130 Kilometer nach Xanten und zurück. "Das war meine längste Strecke bisher. Da war ich ganz schön stolz."

Ob Tien Anton in Dülken, Schwatzende Weiber in St. Hubert, das Grefrather Eislauf-Pärchen, der Lateerepit in Willich oder die Spargelstecherin in Walbeck - alle standen sie ihm mit neuem Schalkragen Modell. In Lank-Latum (Meerbusch) hat eine Wäscherin am Markt den Borussenschal für einen Moment ins Wasser getaucht.

Von Alpen bis Xanten hat Lessenich schon 42 "eiserne Fans" fotografiert. Zwölf weitere konkrete Ziele am Niederrhein hat er schon wieder auf seinem Touren-Zettel stehen, darunter den "Aachener Gruß" (in Aachen).

Nun, muss sich dort nicht ein eingefleischter Borussen-Fan wegen des Schals besonders warm anziehen? Lessenich winkt ab: Bisher habe er nur positive Reaktionen bekommen. Aber, Tünnes und Schäl hin oder her: "Nach Köln oder Duisburg würde ich auf keinen Fall fahren."

Lessenich ist also vorsichtig. Seine größte Angst ist es, "dass ich mal meinen Schal vergessen könnte". Sollten Sie, liebe Leser, also irgendwann am Niederrhein an einer Skulptur vorbei kommen, die einen VfL-Schal trägt, denken Sie bitte daran: "Der muss zurück zum Lessenich nach St. Tönis."

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