Borussia Mönchengladbach DFB-Pokal: Lienens Reise durch die Fußball-Welten

Hamburg. Wenn Ewald Lienen an die goldenen Zeiten bei seiner Borussia aus Mönchengladbach denkt, schnalzt er mit der Zunge. „Als ich von einem kleinen Verein wie Arminia Bielefeld aus der zweiten Liga in die große Fußballwelt kam, war das für mich ein Kulturschock“, erinnert sich der heute 61-Jährige. „Spiele im Europapokal gegen Real Madrid oder FC Liverpool waren herausragende Erlebnisse“, sagt der Trainer des FC St. Pauli über seine Zeit am Bökelberg, die 1979 mit dem Uefa-Cup-Triumph gekrönt wurde.

Ewald Lienen hat seine eigene Mönchengladbacher Vergangenheit.

Ewald Lienen hat seine eigene Mönchengladbacher Vergangenheit.

Foto: Wiechmann, Dieter (w33)



36 Jahre später treten am Montag (20.30 Uhr/ARD) die Erben des „Fohlen“-Starensembles zum Top-Spiel der ersten DFB-Pokalhauptrunde beim Zweitligisten an. Lienen will „weiterkommen“, was auch sonst. Aber Gladbach bleibt seine alte Liebe. 2003 war er dort für eine Saison als Trainer und Nachfolger von Hans Meyer tätig, dort hat er noch immer seinen Wohnsitz. Kontakt hält er zum Vorstand, zu Coach Lucien Favre und Sportchef Max Eberl.

Er schätzt deren Arbeit. Und: Lienen ist auch noch für die Hennes-Weisweiler-Elf — unter der Leitung von Herbert Laumen und Ex-Masseur Charly Stock — aktiv. Mit Freunden wie Rainer Bonhof oder Jupp Heynckes, mit dem er von 1995 bis 1997 bei CD Teneriffa ein Trainergespann bildete.

Jetzt aber ist er verantwortlich für den FC St. Pauli. Man hatte ihn etwas aus den Augen verloren, nach Gladbach und Hannover 96 war Lienen durch die Fußball-Welt gereist, meist zwischen Deutschland und Griechenland: Panionis Athen, 1860 München, Olympiakos Piräus, Arminia Bielefeld, AEK Athen, am Ende gar Otelul Galati in Rumänien, die Karriere schien langsam und etwas zäh auszulaufen.

In Hamburg aber ist Lienen wieder Kult, rettete den Klub vor dem Abstieg. Als dritter Trainer der Saison übernahm er den Tabellenletzten am 16. Dezember 2014 von Vorgänger Roland Vrabec und führte ihn mit stoischer Ruhe als sechstbestes Rückrundenteam noch auf Rang 15. Mit vielen Zetteln, die ihn in allen Porträts verfolgen, aber offenbar doch ihren Sinn haben. „Kompliment, was Ewald bei St. Pauli bewirkt hat. Ich freue mich für ihn, eine solche Rettung ist immer gut für den gesamten Verein“, lobt Lucien Favre, der das kennt, weil er Gladbach 2010/11 vor dem Abstieg aus der ersten Liga gerettet hat. Jetzt spielen die Borussen in der Champions League.

St. Pauli und „EL“ - das scheint zu passen für den Linksaußen, der er nicht nur auf dem Fußballfeld war. Lienen war immer politisch und sozial engagiert, kandidierte 1985 auf der Friedensliste für den NRW-Landtag, kümmerte sich um geistig behinderte Kinder und gründete 1987 die Spielergewerkschaft VdV mit. Lienen ist ein kluger Kopf, meist freundlich, aber immer auch klar in Haltung und Analyse.

Als er kürzlich nach dem Saisonziel befragt wurde, belehrte er einen jungen Reporter. „Sie waren wohl lange nicht hier?“ Erklärte ihm dann aber doch geduldig seine Meinung. „Abenteuerlich“ sei es, einen Tabellenplatz als Ziel auszugeben. „Wenn man etwas erreichen will, dann nicht, indem man drüber spricht, sondern nur auf dem Platz.“ Wie am Montag. Vielleicht.

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