Der Fall de Camargo: Das Foul und die Folgen

Der spielentscheidende Pfiff von Felix Brych könnte eine neue Diskussion um den Video-Beweis auslösen.

Berlin. Auch am Tag danach war der Ärger bei Hertha BSC nicht verflogen. Er sei noch zu emotional, sagte Berlins Trainer Michael Skibbe nach einer Nacht mit wenig Schlaf zum 0:2 Pokal-Aus im Viertelfinale gegen Borussia Mönchengladbach.

Weil die 120 Minuten wenig unterhaltsamen Fußball boten, erregte die spielentscheidende Szene noch am Donnerstag das Fußball-Volk in einer Gemengelage aus fehlendem Fair-Play und Schiedsrichter-Schelte.

In der neunten Minute der Verlängerung ging Berlins Roman Hubnik nach einem Laufduell und einem Schubser von Gladbachs Igor de Camargo im Hertha-Strafraum zu Boden. Der wütende Herthaner rannte auf de Camargo zu, baute sich dicht vor dessen Gesicht auf und berührte seinen Rivalen aber erst, als dieser selbst den Kopf neigte.

De Camargo fiel theatralisch zu Boden, Schiedsrichter Dr. Felix Brych entschied auf Elfmeter und zeigte Hubnik wenig später die Rote Karte. Den Strafstoß verwandelte Gladbachs Kapitän Filip Daems zum 1:0 (101.), Oscar Wendt legte in der letzten Minute das 2:0 (120.) nach.

Hubnik ist am Donnerstag vom DFB für ein Spiel gesperrt worden. Mit diesem Spruch gestand der DFB eine Fehlbeurteilung von Schiedsrichter Brych ein. Denn eine Tätlichkeit bedingt eine Sperre von mindestens drei Spielen, die nur in Ausnahmefällen unterschritten werden darf. Diese Ausnahme sah der Verband offenbar begründet in dem von de Camargo begangenen Foul am Fair-Play.

„Er kam auf mich zugerannt, hat mich angerempelt und mich auch im Gesicht berührt. Die Aktion ging von ihm aus, nicht von mir“, sagte de Camargo, der ein gebranntes Kind der Kopfstoß-Thematik ist.

Vor einem Jahr sah er selbst in St. Pauli nach einer ähnlichen Aktion die Rote Karte. „Damals kam auch ein Gegenspieler auf mich zu, ich bin stehen geblieben, er ist gefallen, und ich bin vom Platz geflogen. Nachher hat man mir das als Dummheit ausgelegt.“ Gladbachs Presseabteilung verbreitete am Donnerstag ein Video, in dem zu sehen ist, wie Hubnik in der strittigen Szene mit seinem linken Fuß auf de Camargos rechten Fuß steigt.

Die Debatte sorgte auch im Internet für Aufregung. Nationalspieler Mats Hummels hatte über seine Facebook-Seite verbreitet: „Man kann auch peinlich und beschämend in ein Pokalhalbfinale einziehen.“ Inzwischen hat der Dortmunder seinen Eintrag gelöscht, „weil manche Leute ihn anders verstehen wollten als er gemeint war“, schrieb Hummels und ergänzte: „Jedem war klar, dass die Aktion, die zum Elfmeter und der Roten Karte geführt hat, gemeint war.“ Andere jubeln, de Camargo brächte eine Trendsportart nach Deutschland: Das „Falling“ — in den USA längst der absolute Renner, steckt hierzulande noch in den Kinderschuhen.

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