Borussia-Trainer Favre: „Ich rede nicht über den Abstieg“

Gladbachs Trainer Lucien Favre über modernen Fußball, seine Mannschaft und die Zukunft bei der Borussia.

Mönchengladbach. Der Kampf gegen den Abstieg aus der Fußball-Bundesliga ist sieben Spieltage vor Saisonende spannender denn je. Trainer Lucien Favre war vor gut fünf Wochen angetreten, das Unternehmen „Nicht-Abstieg“ zu realisieren. Die Heimniederlage gegen Kaiserslautern hat diesem Vorhaben einen herben Rückschlag versetzt.

Herr Favre, Sie waren erstmals seit Dienstantritt in Mönchengladbach auf Heimaturlaub. Wie erholen Sie sich und versuchen Abstand zu gewinnen.

Favre: Dazu habe ich momentan keine Zeit. Ich habe rund 15 Fußball-DVDs geschaut. Das dauert, wie sie sich vorstellen können.

Kann man als Trainer im Abstiegskampf der Liga nicht abschalten?

Favre: Ich habe einen super Job. Ich habe mich dafür entschieden. In jedem Beruf gibt es bestimmte Anforderungen. Arsène Wenger zum Beispiel ist seit 1996 beim FC Arsenal, wohnt am Rande Londons. Von der Stadt selbst hat er kaum etwas gesehen.

Was kennen Sie denn von Mönchengladbach.

Favre: Oh, das Hotel, in dem ich wohne und den Park daneben. Der ist sehr schön.

Sie meinen den Bunten Garten.

Favre: Ach, so heißt der. Ja, der gefällt mir gut.

Weniger gut gefällt Ihnen sicher das Spiel, vor allem aber die Ergebnisse Ihrer Mannschaft.

Favre: Du musst als Mannschaft viele Dinge beherrschen. Den Spielaufbau, angefangen beim Torwart. Du musst Geduld aufbringen, um die richtige Lösung nach vorne zu kreieren. Die Balleroberung ist eminent wichtig. Barcelona ist die beste Mannschaft auf der Weit in der Balleroberung. Manchmal musst Du auch Konter spielen. Eine Mannschaft zu bauen braucht Zeit, intelligente Spieler, Technik und Schnelligkeit.

Welchen Eindruck hatten sie, als sie nach Mönchengladbach kamen, von Ihrer neuen Mannschaft?

Favre: Wenn Du im Februar anfängst, hast Du wenig Zeit. Daher musst Du sehr präzise arbeiten. Die Spieler haben das gut verstanden.

Sie hatten eine Aufbruchstimmung erzeugt, dann kam die Niederlage gegen Kaiserslautern. Sie haben davon gesprochen, dass die Mannschaft Nerven gezeigt habe, ängstlich gespielt hat, ohne Verstand.

Favre: Wir haben 20 Minuten korrekt gespielt. Danach hatten wir zu viele Ballverluste. Es sind oft nur ein, zwei falsche Bewegungen von Spielern, die das ganze Gefüge zusammenbrechen lassen. Nach dem Gegentor haben wir allerdings keine Reaktion gezeigt.

Wie ist das zu erklären, in einem Spiel, in dem es um die Zukunft jeden Spielers geht und um die des Vereins?

Favre: Die Mannschaft wollte zu viel. Ich war enttäuscht, natürlich. Der Druck war enorm hoch, weil wir gewinnen mussten. Es ist immer darüber gesprochen worden: wir brauchen einen Dreier. Darüber haben wir vergessen, Fußball zu spielen.

Warum hat die Mannschaft so große Schwierigkeiten, das Spiel zu bestimmen?

Favre: Es braucht einfach Zeit, alles zu beherrschen — den Ball, und die richtige Lösung in der Offensive zu entwickeln.

Wie sehen mit dem Abstand von ein paar Tagen den Fehler von Torhüter Logan Bailly im Spiel gegen Kaiserslautern?

Favre: Natürlich, er hat einen unglaublichen Fehler gemacht. Wir haben jetzt aber wegen der Länderspielpause ein paar Tage mehr Zeit, damit umzugehen.

Aber Sie haben die Reaktion der Fans registriert, die nach seinem Fehler applaudiert haben, wenn er leichte Bälle gehalten hat. Bleibt er im Tor?

Favre: Seinen Fehler können wir nicht mehr ändern. Aber wir dürfen auch nicht vergessen, dass er vorher vier Spiele gut gehalten hat. Im Moment habe ich noch keine konkreten Überlegungen für das Spiel in München.

Kann es ein Vorteil im Abstiegskampf sein, dass alle Gladbach jetzt abgeschrieben haben?

Favre: Vielleicht, aber wir spielen gegen Klubs, die alle noch ambitionierte Ziele haben, ob Bayern, Köln Mainz und Dortmund.

Ist der Abstieg überhaupt noch abwendbar?

Favre: Über den möglichen Abstieg rede ich nicht. Aber klar ist auch, wir müssen in den sieben Spielen, die uns noch bleiben, mehr als eine Top-Leistung abrufen.

Sie müssen bereits an die neue Saison denken. Wie sieht dann die Mannschaft unter Favre aus?

Favre: Du brauchst Spieler, die konstant in Bewegung sind, schnell sind und eine gute Technik haben. Thomas Müller ist zum Beispiel so ein Spieler.

Und Raffael, den sie einst zur Hertha geholt haben.

Favre: Ja, der kann das auch. Er bleibt aber definitiv in Berlin.

Ihre Überzeugung ist, dass der Erfolg einer Saison zu 80 Prozent von den Transfers abhängig ist, die man tätigt. Heißt das, es kommt kein neuer Spieler ohne Ihre Zustimmung?

Favre: Es ist natürlich enorm wichtig, welche Spieler man einkauft. Darauf muss man in jedem Klub achten, auch bei der Borussia.

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