Rückschlag statt Befreiung Ratlos bei Borussia Mönchengladbach - nach 2:3 gegen Stuttgart hagelt es Kritik

MÖNCHENGLADBACH · Rückschlag statt Befreiung: Bei Borussia Mönchengladbach hagelt es nach der 2:3-Niederlage in Stuttgart massiv Kritik. Was kann jetzt noch helfen?

 Torwart Yann Sommer (von l. nach rechts), Florian Neuhaus, Joe Scally, Christoph Kramer, Matthias Ginter und Nico Elvedi sehen unzufrieden aus nach dem Spiel von Borussia Mönchengladbach in Stuttgart.

Torwart Yann Sommer (von l. nach rechts), Florian Neuhaus, Joe Scally, Christoph Kramer, Matthias Ginter und Nico Elvedi sehen unzufrieden aus nach dem Spiel von Borussia Mönchengladbach in Stuttgart.

Foto: dpa/Tom Weller

Ende März wird Rainer Bonhof, Vizepräsident von Borussia Mönchengladbach und Weltmeister von 1974, 70 Jahre alt. Bis dahin muss Borussia Mönchengladbach in der Fußball-Bundesliga noch zweimal ran: am Samstagabend gegen Hertha BSC Berlin (18.30 Uhr) und die Woche darauf freitags beim VfL Bochum (20.30 Uhr). Spiele, die es in sich haben. Als erfahrener Ex-Profi, Trainer und Scout weiß Bonhof das Gefahrenpotenzial einzuschätzen. „Alle wissen, um was es geht: dass man jeden Punkt braucht und immer genauso kämpfen muss wie der Gegner. Jede Mannschaft schleppt im Tabellenkeller einen Berg von Dingen mit sich herum“, hat Bonhof in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung gesagt, „wer das am meisten wegschieben kann, der kommt am schnellsten unten raus.“

Als diese Worte fielen, war das 2:3 beim VfB Stuttgart noch nicht gespielt. Nicht die desaströse zweite Hälfte, nicht das 2:3 nach 2:0-Führung:  Borussia Mönchengladbach – so viel steht fest – hat gar nichts an die Seite schieben können. Der Druck ist jetzt noch größer. Und der Nachweis, dass sich der neue Sportdirektor Roland Virkus in seiner These („Wir können Abstiegskampf“) bestätigt fühlen darf, nicht geliefert. Stattdessen: Chaos nach der Pause, eine auseinander fallende Borussia und Führungsspieler, die Alarm schlagen. Torwart Yann Sommer, auch Mittelfeldspieler Christoph Kramer: „Ich weiß auch nicht, wer uns hilft. Vielleicht der liebe Gott“, sagte der 31-Jährige. „Jeder, der sagt, die Leidenschaft fehlt, Grüppchenbildung – der hat Recht. Wir haben 1000 Baustellen. Wir standen mit elf Mann in der eigenen Hälfte und hatten trotzdem keinen Zugriff. Es fällt total schwer, positiv zu bleiben.“

27 Zähler aus 25 Spielen: Schlechter stand Gladbach zuletzt 2011 da, als der Klassenerhalt erst in der Relegation gegen den VfL Bochum gelang. Sommer rettete gegen den VfB mehrmals, musste aber die Tore 49 bis 51 der Saison hinnehmen, eine völlig debakulöse Defensivbilanz. „Sie haben uns vorgeführt“, klagte der Schweizer über die zweite Hälfte.

Während der Tabellenvorletzte gewillt war, das wichtige Spiel im Kampf um den Klassenverbleib mit Herz und Leidenschaft anzunehmen und der Sieglosigkeit in der Rückrunde zu trotzen, ließ Gladbach auf diesem Sektor nahezu alles vermissen. So hagelte es bei der Borussia vom Niederrhein hernach von allen Seiten massiv Kritik. „Gladbach sollte wieder den Weg mit jungen talentierten Spielern gehen und nicht nur mit Spielern, die einfach keinen Bock haben“, schimpfte Sky-Kommentator Lothar Matthäus mit harschem Ton. Trotz aller Sympathie für seinen Ex-Klub ließ der Fußball-Experte Dampf ab: „Mir hat die Leidenschaft, das Miteinander gefehlt. Der Wille, diesen einen Schritt mehr zu machen, um in den Zweikampf zu kommen.“

Genau das wurde der Fohlen Elf nach ein paar sehenswerten Offensivaktionen und vorübergehender 2:0 Führung am Ende zum Verhängnis. Auch Ex-Trainer Bernd Krauss echauffierte sich: „Thuram lief beim entscheidenden dritten Tor nur halbherzig hinterher, und dann hatte VfB-Stürmer Kalajdzic alle Zeit der Welt, um den Siegtreffer zu erzielen. Niemand störte ihn entscheidend, niemand war bereit, den Versuch zu unternehmen, das Tor zu verhindern. Sie standen alle wie versteinert in einer Reihe.“

Krauss war gerade die mangelnde Entschlussfreudigkeit der Gladbacher Defensivabteilung ein Dorn im Auge: „Auch Matthias Ginter muss sein eigenes Verhalten hinterfragen und zulegen. Er ist Nationalspieler, will zur WM. Dass er im Sommer den Verein verlässt, sollte ihn nicht daran hindern, Top-Leistungen zu bringen“, sagt Krauss. „Schauen Sie nach München. Bayern Abwehrchef Niklas Süle geht im Sommer ablösefrei nach Dortmund. Seitdem der Wechsel feststeht, ist er beim Tabellenführer in den hinteren Reihen der überragende Mann. Nachahmenswert.“

Für Krauss ist das Spiel am Samstag gegen Hertha BSC von vorentscheidender Bedeutung. „Jetzt muss ein Ruck durch die Mannschaft gehen. Es gibt keine Ausreden mehr. Drei Punkte sind ein Muss“, sagt der Mann, der mit Gladbach Pokalsieger wurd. Und dem Trainer weiter vertraut: „Natürlich weiter mit Adi Hütter als Trainer am Spielfeldrand. Das steht für mich außer Frage.“ Der „kicker“ sieht es anders: Ein Sieg gegen Berlin – oder Hütter wird gehen müssen, orakelt das Fachmagazin.

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