Fußball-Bundesliga Borussia Mönchengladbach: Mehr Tempo, mehr Biss und weniger Gegentore

Mönchengladbach · Bevor der neue Trainer Adi Hütter die "Fohlen" auf die Rennbahn schicken kann, muss er im Stall deren Hufe beschlagen. Es gilt, an Defiziten zu arbeiten. Sein Vorteil: Europa ist kein Muss.

So wird die neue Spielzeit bei der Borussia laufen.

So wird die neue Spielzeit bei der Borussia laufen.

Foto: dpa/Marius Becker

Wäre Max Kruse am letzten Spieltag der vergangenen Saison nicht in der 92. Minute das 2:1 für Union Berlin gegen RB Leipzig gelungen, hätte sich Borussia Mönchengladbach für die neue Europa-Conference-League qualifiziert. So aber gab es am Ende einen nicht zufriedenstellenden achten Platz. Was muss sich für mehr in der Bundesliga-Spielzeit 2021/22 bei der "Fohlenelf" ändern?

Kann der neue Trainer dem Verein wieder Leben einhauchen?

Das vielleicht wichtigste hat sich bereits geändert. In Adi Hütter holte Sportdirektor Max Eberl einen neuen Trainer. Gezwungenermaßen gaunerte er bei Eintracht Frankfurt, weil Marco Rose nach der Adenauer-Methode "Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern" gehandelt und die Idee von einer langfristigen Entwicklung der "Fohlen" seiner persönlichen Karriereleiter präferierend ein vorschnelles Ende gesetzt hatte. Die Bekanntgabe von Roses Entscheidung im Februar versetzte das Umfeld in Schockstarre und ließ die Spieler lahmen. Hütter hat sich bisher natürlich sowie charmant präsentiert und keine markigen Sprüche rausgehauen. Der 51 Jahre alte Vorarlberger will mit guter Arbeit für neue Begeisterung und Aufbruchstimmung sorgen.

Wird der Start gelingen?

Dies hängt natürlich kurzfristig mit einem guten Start zusammen und da lauern Gefahren. Die zehn EM-Fahrer Ginter, Neuhaus, Hofmann (alle Deutschland), Sommer, Elvedi, Zakaria, Embolo (alle Schweiz), Lainer (Österreich), Bénes (Slowakei) sowie Thuram (Frankreich) stiegen unterschiedlich und teils auch sehr spät in die Vorbereitung ein. Hinzu kommen Verletzungen bei Bensebaini, dem mit Vorschusslorbeer bedachten Talent Kouadio Koné, Embolo und Pléa. So kann schon das DFB-Pokal-Spiel beim Drittligisten 1. FC Kaiserslautern zum Stolperstein werden und ist das Liga-Programm gegen Bayern München sowie bei Bayer Leverkusen und Union Berlin äußerst haarig - zumal Hütter ob des Transferfensters auch noch Abgänge drohen.

 Welche Aufgaben stellen sich Hütter besonders?

Einige. Der achte Platz hatte schließlich nicht nur mentale Gründe, Marco Rose konnte und wollte ob seines Abschieds am Ende vielleicht auch nicht mehr mit letztem Willen drei eklatante Mängel abstellen. So präsentierte sich die Defensive wie ein offenes Scheunentor. 56 Gegentore sind für internationale Ansprüche viel zu viele. An der individuellen Klasse der Abwehrspieler lag dies nicht, es haperte am bei den Angreifern beginnenden Verteidigen im Kollektiv. Überdies muss es gelingen, mehr Tempo in die Mannschaft zu bekommen. Statt galoppierende Fohlen erwiesen sich die Spieler oft wie lahme Gäule. Nur Absteiger Werder Bremen verzeichnete weniger Sprints als die Borussen. Diese hatten dann noch ein weiteres elementares Problem. Dem Team fehlte es an Biss, Galligkeit und der letzten Entschlossenheit, um jeden Zähler zu kämpfen. So wurden nach Führungen 29 Punkte wieder hergegeben - Höchstwert in der Liga. Wären sie alle geholt worden, hätte man punktgleich mit Meister München dagestanden.

 Ändert sich die Spiel-Philosophie?

Grundsätzlich nicht. Sie könnte jedoch intensiviert werden, wenn Hütter das oben erwähnte Tempo-Defizit abgestellt bekommt. Den Ballbesitz-Fußball unter Dieter Hecking hatte Rose ja bereits um die Komponenten Pressing und Aggressivität erweitert, Hütter dürfte diese wie bei Eintracht Frankfurt mit erhöhter Emotionalität evolutionieren. Gut möglich aber, dass er dafür das System mit einer Viererkette auf seine bei den Hessen bevorzugte Dreierreihe umstellt.

Welche Folgen hätte das erneute Verpassen eines Europapokal-Wettbewerbes?

Keine gravierenden. Anders als zum Beispiel Borussia Dortmund oder früher die jetzt als warnende Beispiele herhaltenden Bremer und Schalker plant Borussia Mönchengladbach grundsätzlich nie mit Geld aus dem Europapokal. Dieses ist immer eine Zusatz-Einnahme. Mit der aus der vergangenen Champions League konnte so gerade erst das durch die Pandemie bei allen Vereinen entstandene Minus auf ein erträgliches Maß von 16,7 Millionen Euro gedrückt werden (Dortmund rund 70, Schalke 52,6). Allerdings könnte ohne Europa der Anreiz für Spieler kleiner werden, in Gladbach zu bleiben oder dorthin zu wechseln. Dennoch wird der Verein weiter versuchen, ohne Investoren sowie mit moderaten Gehaltszahlungen und dem erworbenen guten Ruf eine erfolgreiche Mannschaft auf die Beine zu stellen. Was seit 2012 immer zu einem einstelligen Tabellenplatz und sechsmal sogar zum Sprung in einen Europapokal-Wettbewerb geführt hat.

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