„Das Gladbach Trikot“ – ein unterhaltsames Buch Was die Trikots über Gladbach erzählen

MÖNCHENGLADBACH · Allan Simonsen. Das Trikot mit dem grün-schwarz-grünen Streifen über Schulterpartie und Ärmel, mit grünen Bündchen und dem Erdgas-Schriftzug auf der Brust ist für immer und ewig mit diesem kleinen, genialen Fußballspieler aus Dänemark verbunden.

 Ein schwarzer und ein grüner Balken – das Trikot, in dem Günter Netzer mit seinem Tor das Pokalfinale 1973 gegen den 1. FC Köln entschied.

Ein schwarzer und ein grüner Balken – das Trikot, in dem Günter Netzer mit seinem Tor das Pokalfinale 1973 gegen den 1. FC Köln entschied.

Foto: picture alliance / dpa/dpa

Die Ärmel immer zu lang, so dass Simonsen sie im Dribbling festhielt, wenn er Verteidiger um Verteidiger narrte, ihnen davonlief, um die Flanke zu schlagen oder aufs Tor zu schießen. Wann immer ein Foto dieses Trikots von Borussia Mönchengladbach auftaucht, steckt Allan Simonsen drin, selbst wenn nur das Stück Baumwollstoff zu sehen ist. Erinnerungen.

Ein heiterer, manchmal auch trauriger Spaziergang

Ähnlich verhält es sich mit dem weit weniger schönen Trikot mit den fünf grün-schwarzen Balken im Camouflage-Design. Dieses Fußballhemd, für das schon kein Strauch mehr seine Wolle opfern musste, gehört zu Stefan Effenberg. Dabei hat der einstige Superstar auch andere Trikots von Borussia Mönchengladbach getragen. Aber in diesem errang der Verein seinen bisher letzten großen Triumph – den DFB-Pokal im Jahr 1995.

 Stefan Effenberg spielt auf einer Vereinsfahne von Borussia Mönchengladbach Luftgitarre nach dem gewonnenen Pokalfinale gegen den VfL Wolfsburg 1995 im Berliner Olympiastadion.

Stefan Effenberg spielt auf einer Vereinsfahne von Borussia Mönchengladbach Luftgitarre nach dem gewonnenen Pokalfinale gegen den VfL Wolfsburg 1995 im Berliner Olympiastadion.

Foto: picture alliance / dpa/Andreas Altwein

Und da sind natürlich die drei Streifen, da ist das Trikot mit den beiden schwarzen und dem grünen Balken in der Mitte, das die Mutter aller DFB-Pokalendspiele und den Freigeist Günter Netzers symbolisiert, getragen im zurecht legendären Endspiel 1973 im Düsseldorfer Rheinstadion. Gladbach bezwang den 1. FC Köln mit 2:1, Netzer wechselte sich in der Verlängerung selbst ein und schoss das Siegtor. Welch eine Fußballgeschichte.

 Jede Zeit hat ihr Trikot, das ist bei jedem Fußball-Club so, auch bei Borussia Mönchengladbach. Da waren die hellen Jahre, in denen Gladbach sogar in Rot die Stadien der Republik und Europas stürmte, da waren die dunklen Jahre, als es unter anderem in grauen Trikots nach und nach in den Keller des deutschen Profifußballs ging. Aber meistens war weiß mit ein wenig schwarz und ein wenig grün, zunächst nur mit Raute, dann mit Raute und Werbung und in der Regel so, dass auf den ersten Blick außen zu erkennen war, wer drinsteckte: ein Kicker von Borussia Mönchengladbach.

 Trikot simonsen

Trikot simonsen

Foto: nn

Es ist bestimmt schon fast alles geschrieben worden über die legendäre Elf vom Niederrhein. Aber eines fehlte noch. Diese Lücke haben Stefan Appenowitz, Matthias Gorke und Stefan Hermanns nun geschlossen. „Das Gladbach Trikot“ ist ein Buch geworden, das ohne Zweifel in die Bibliothek eines jeden gehört, der sein Fußball-Herz an die Borussia vom Niederrhein verschenkt hat. Vor allem für ältere Fans ist es ein heiterer, beschwingender, manchmal auch trauriger Spaziergang durch die Geschichte eines Klubs, der den Fußball in den 1970er-Jahren geprägt und verändert hat. Jugendliche Unbekümmertheit, Leichtigkeit, Lust am Spiel, Freude am Siegen und ein Trainer Hennes Weisweiler, der sein Team lieber 5:4 gewinnen sah als 1:0, machten Borussia Mönchengladbach zur Sensation. Und das Trikot mit dem grün-schwarzen Streifen über die linke Oberkörperhälfte, das Hemd mit dem B in der Raute reiste mit durch Europa.

Ein Trikot ist mehr als ein Kleidungsstück

 Trikot

Trikot

Foto: Die werkstatt

Das „weiße Ballett“ spielte und spielt in Madrid. Der weiße Wirbelwind kam vom Niederrhein. All das lebt bei der Lektüre eines Buches auf, in dem es weniger um die Spieler geht als vielmehr um das, was sie trugen. Denn so ein Trikot ist mehr als ein Kleidungsstück. So sagt es auch Sportdirektor Max Eberl im Vorwort des Buches. Und als Endvierziger erinnert er sich gern an das Hemd mit den Längsstreifen unter dem Logo. Es war ein Design, dass der Hersteller Puma in späteren Jahren immer wieder aufgreifen sollte und das gerade in der jüngeren Vergangenheit die Optik der Gladbacher Arbeitskleidung optisch wieder sehr geprägt hat. Puma ist zurück auf der Haut der Gladbacher, und damit sind auch die Design-Ideen der goldenen 1970er wieder da. Nun ersehnen die Fans nur noch die Erfolge.

Borussia Mönchengladbach ist ein relativ alter Fußballverein. Seine Geschichte währt nun bereits mehr als 120 Jahre. Und in all diesen Jahrzehnten sind seine Spieler selbstverständlich uniformiert auf den Platz gegangen. Im Rückblick erwecken die Trikots den Eindruck, immer auch den jeweiligen Zeitgeist gespiegelt zu haben. Das gilt für die zumeist zweifarbigen Baumwoll-Hemden mit Schnürkragen ebenso wie später für die Polyester-Shirts, deren Produktion Schattierungen zuließen und -lassen. Bisweilen war es auch bunt.

Im Grunde sind die Farben weiß, schwarz und grün

Gladbach lief Anfang der 1970er-Jahre in roten Trikots auf, das ist heute fast unvorstellbar angesichts der roten Konkurrenz aus Köln und München. Shirts mit der Raute gab es ganz selten in Gelb und gibt es immer mal wieder auch in Hellblau. Aber im Grunde sind die Farben weiß, schwarz und grün, meistens uni, zuweilen zurückhaltend gemischt und immer so, dass sofort erkennbar ist, was die Trikots sein sollen: textile Bekenntnisse zu einem Klub mit großer Geschichte und designt in der Hoffnung auf eine ebenso große Zukunft.

Und das Buch? „Das Gladbach Trikot“ ist ein sehr geeignetes Weihnachtsgeschenk für alle, die es mit der Borussia vom Niederrhein halten, die sich für die Historie des Clubs interessieren und einen Sinn haben für die sehr witzige Idee, das Werden und Sein von Borussia Mönchengladbach am Beispiel von Kleidungsstücken zu erzählen, die offensichtlich so viel mehr sind als einst Baumwolle und heute Kunstfaser.

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