Fußball-Bundesliga Aus dem Gleichgewicht

Leverkusen · In Leverkusens Offensive hakt es, doch die von Trainer Peter Bosz gewünschten Zugänge blieben aus. Dafür gibt es ein Überangebot an Verteidigern.

 Leverkusens Wendell (r). kommt gegen Stuttgarts Silas Wamangituka aus dem Tritt.

Leverkusens Wendell (r). kommt gegen Stuttgarts Silas Wamangituka aus dem Tritt.

Foto: dpa/Tom Weller

0:0 in Wolfsburg, 1:1 gegen Leipzig, 1:1 bei Aufsteiger VfB Stuttgart – für den TSV Bayer 04 Leverkusen ist der Saison-Start mit drei Zählern nicht nach Wunsch gelaufen. „Mit fünf Punkten hätten wir super leben können“, sagte Leverkusens Sport-Geschäftsführer Rudi Völler am vergangenen Samstag nach dem unnötigen Unentschieden im Neckarstadion. Der 14. Platz ist derzeit zwar nicht wirklich aussagekräftig, die fehlende Durchschlagskraft der Offensive hingegen schon. Diese war bereits nach dem Re-Start zu beobachten, wurde jedoch lange von den Ideen und der Effizienz eines Kai Havertz kaschiert.

In den letzten sieben Spielen der vergangenen Saison gelangen der „Werkself“ nur noch neun Treffer, davon allein drei gegen den 1. FC Köln. Die Flaute des 0:2 bei Hertha BSC Berlin dann kostete drei Tage später die Qualifikation zur Champions League. Jetzt haben Havertz wie auch Kevin Volland den Verein verlassen, ohne dieses Duo muss Trainer Peter Bosz allein in der Bundesliga 36 Torbeteiligungen ersetzen. Zwar wurde Patrik Schick geholt und gehört auch Lucas Alario dem Kader weiterhin an, doch Bosz sagte: „Das wird nicht reichen.“ Zwei Treffer in den ersten drei Spielen scheinen dem Niederländer Recht zu geben.

Rashica als (Not-)Lösung, doch Bremer blieben hart

Große Hoffnungen hatte Bosz daher in das Transfer-Geschick von Völler sowie Sportdirektor Simon Rolfes gesetzt. Laut „BILD“ war Julian Draxler vom FC Paris St. Germain ein Kandidat, auf den letzten Drücker sollte es dann zumindest Milot Rashica von Werder Bremen sein. Doch der Wechsel scheiterte an der unerbittlich näher rückenden Schließumg des Transferfensters, weil selbst die klammen Bremer nicht unter Wert abgeben wollten. „Die Gespräche sind erst Montag Mittag richtig losgegangen. Wir haben harte Verhandlungen geführt, es gab verschiedene Modelle. Am Ende reichte die Zeit nicht aus, um eine Lösung zu finden“, erklärte Werders Sportdirektor Frank Baumann.

Offenbar schien Leverkusen vom flinken Kosovaren nicht vollends überzeugt, wollte lediglich für die Kaderbreite ein Leihgeschäft vereinbaren und sträubte sich auch gegen eine im nächsten Sommer greifende Kaufverplichtung. Dabei hatte Peter Bosz gegen Leipzig durch die Einwechslung von Leon Bailey demonstrativ gezeigt, dass er besonders auf den Flügeln mit den Optionen im Kader nicht zufrieden ist. Bailey war nach der Quarantäne in Jamaika erst wenige Tage zuvor wieder ins Training eingestiegen.

In Bailey, Diaby und Bellarabi stehen Bosz nun bis zur nächsten Transferperiode (1. bis 31. Januar) nur drei reine Außenbahnspieler zur Verfügung, von denen Diaby obendrein mindestens die erste Partie nach der Länderspielpause (beim FSV Mainz 05) ob eines Muskelfaserrisses nicht zur Verfügung steht. Paulinho als Option fehlt mit Kreuzbandriss bis weit ins nächste Jahr, ihn sieht Bosz jedoch ebenso wie die möglichen Kandidaten Amiri und Wirtz im offensiven Zentrum besser eingesetzt. Besonders schmerzen würde Bosz ein Einsatz von Wirtz auf der rechten Seite, schließlich will er das große Talent zum Havertz-Nachfolger formen.

Zehn Verteidiger für nur
vier freie Abwehr-Postionen

Mit der Verletzung von Schick (der Tscheche fällt wegen eines Muskelfaserrisses bis Ende Oktober aus) ist das Dilemma im Angriff noch größer geworden. Allerdings konnten bei der Kaderplanung dieser Saison die vorhandenen Baustellen generell nicht wie gewünscht geschlossen werden. Zwar wurde Verteidiger Panagiotis Retsos am Montag noch für ein Jahr zur AS St. Etienne verliehen, in der Verteidigung aber herrscht dennoch ein Überangebot.

In Lars Bender, Arias, Weiser, Sven Bender, Tah, Jedvaj, Tapsoba, Dragovic, Sinkgraven und Wendell gibt es gleich zehn Akteure für die vier Stellen der Viererkette. Santiago Arias (Atletico Madrid) wurde geholt, weil Weiser die Erwartungen nicht erfüllen konnte. Doch weder für ihn noch für Jedvaj, Dragovic und Wendell fanden sich Abnehmer. Der Verbleib von Wendell verhinderte dazu die Verpflichtung des Ex-Schalkers Sead Kolasinac (Arsenal), durch den das physische Element verstärkt werden solllte.

Mit derart vielen Verteidigern könnte das Team von Peter Bosz sieglos ungeschlagen bleiben, mit nur wenigen Angreifern aber eben auch ungeschlagen sieglos. Der Kader der „Werkself“ ist aus dem Gleichgewicht geraten.

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