Zutritt nach Postleitzahlen: Ärger beim SV Wehen

Wiesbaden (dpa) - Ärger und Aufregung um ein paar Postleitzahlen: Drittligist SV Wehen Wiesbaden hat den vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) verordneten Ausschluss von Rostocker Fans eifrig vollzogen - und muss sich nun mit Protesten und Schlagzeilen auseinandersetzen.

In der Partie gegen Hansa blieben wegen des Stadionverbots für Gäste-Anhänger einige Zuschauer offensichtlich zu Unrecht ausgeschlossen. „Es hat sicherlich Härtefälle gegeben, die werden jetzt vom Verein geprüft“, sagte DFB-Sprecher Stephan Brause der Nachrichtenagentur dpa und sprach von 20 Beschwerdebriefen.

Wenn sich herausstelle, dass der eine oder andere zu Unrecht abgewiesen wurde, „dann gibt es sicherlich eine Möglichkeit der Entschädigung“, so Brause weiter. „Wir gehen der Sache nach.“ Mit einem Ost-West-Konflikt habe der Fall jedoch „gar nichts“ zu tun: „Die Maßnahmen wären so auch von jedem anderen Verein ergriffen worden.“

Hintergrund war ein Urteil des DFB-Sportgerichts, das die Rostocker wegen Fanausschreitungen dazu verdonnert hatte, die Auswärtsspiele in Sandhausen (5. November) und Wiesbaden ohne eigene Anhänger zu bestreiten. Im Gegensatz zu Sandhausen legte sich der SV Wehen genau fest: Nur Zuschauer durften ins Stadion, die in den Postleitzahlbereichen 34 bis 36, 55/56 und 60 bis 65 geboren oder wohnhaft sind. Um dies zu kontrollieren, mussten die Besucher ihre Ausweise vorzeigen.

Deshalb kam unter anderem ein in Wiesbaden wohnhafter, aber im thüringischen Bad Langensalza geborener 72-jähriger Rentner nicht rein, der sich via „Bild“ bitterlich beklagte. Ein 31-Jähriger Sachse kritisierte: „Wir wurden wegen unserer Herkunft diskriminiert.“ „Spiegel Online“ berichtete von einem 53 Jahre alten Mann, der wegen seines Geburtsorts Bischofswerda in Sachsen nicht mit seinem Sohn aus der Vereinsjugend das Spiel besuchen durfte. „Nach Angaben von SV-Sprecher Eckart Gutschmidt wären aber auch Zuschauer aus Düsseldorf, Aachen oder Köln außen vor geblieben.

Sportrechtsexperte Klaus Sturm hält das Vorgehen des Drittligisten für korrekt. „Rechtlich ist das nicht anstößig“, sagte der Jurist aus Berlin. Eine Sportveranstaltung sei keine öffentliche Veranstaltung, der Hausherr übe das Hausrecht aus. Auch der Vorwurf der Diskriminierung sei im Sinne des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes nicht zu halten. Dieses richte sich gegen Benachteiligung unter anderem wegen der ethnischen Herkunft, der Rasse oder Religion. „Der Verein musste sich ja irgendwie abgrenzen“, sagte Sturm.

Wehen hatte die Maßnahmen nach Absprache mit dem DFB und den Sicherheitskräften ergriffen. „Die Umsetzung des Urteils hier in Wiesbaden hat sehr gut funktioniert“, lobte Norbert Weise, stellvertretender Vorsitzender des DFB-Kontrollausschusses. Rund 200 angereiste Rostock-Anhänger seien am Eingang abgewiesen worden. 15 Besucher erlaubten sich noch einen Spaß und gaben sich von der 70. Minute an als Rostock-Fans zu erkennen - allesamt Wiesbadener.

Der SV Wehen kann die ganze Aufregung kaum nachvollziehen. „Wie man es macht, macht man es falsch“, sagte Gutschmidt. „Woran soll man die Beschränkungen festmachen? Als Veranstalter hat man da immer schlechte Karten.“ Der SV-Pressesprecher verwies ebenso wie Hansa Rostock darauf, dass beide Vereine nach dem Sportgerichtsurteil vom 27. Oktober mehrfach auf die Kontrollen hingewiesen und Einzelfälle im Vorfeld der Partie überprüft hätten. Nach Angaben der Rostocker gab es nach dem Spiel zwar einige Beschwerden von Fans, die nicht ins Stadion gelassen wurden, diese hätten sich aber in Grenzen gehalten.

Wehen hatte von Rostock - wie es der DFB verfügt hatte - 18 000 Euro als Ausgleich für die entgangenen Zuschauereinnahmen erhalten. Nach Angaben des „Wiesbadener Kuriers“ entgingen dem Drittligisten aber geschätzte 48 000 Euro, weil die Kontrollen viele Besucher abgehalten hatten. Schlimmer noch: Nach ihrer Rückkehr aus Wiesbaden sind zwei Hansa-Ordner von mehreren Vermummten bedroht und angegriffen worden. Es bestehe die Vermutung, dass es einen Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit in Wiesbaden gibt, sagte eine Polizeisprecherin. Die Ordner hatten ihre hessischen Kollegen dabei unterstützt, die Hansa-Fans herauszufiltern.

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