2. Bundesliga VfL Bochum entfesselt: jetzt oder nie

Seit der Entlassung von Trainer Verbeek fühlt sich der VfL Bochum befreit. Plötzlich scheint sogar der Aufstieg möglich.

 Dortmunds Alexander Isak (r) und Bochums Tim Hoogland im Testspiel am 22.7.

Dortmunds Alexander Isak (r) und Bochums Tim Hoogland im Testspiel am 22.7.

Foto: Guido Kirchner

Mit der attraktiven Partie des VfL Bochum gegen den FC St. Pauli startet die zweite Liga am Freitag (20.30 Uhr) in die Saison 2017/18 und was vor knapp drei Wochen in Bochum noch undenkbar schien, ist eingetreten. Es herrscht Aufbruchstimmung, Vorfreude, ja fast schon Euphorie im Verein, bei den Spielern, bei den Fans. Das Ruhrstadion ist so gut wie ausverkauft und der Grund für den an allen Ecken spürbaren Stimmungswandel ist eng mit einem Namen verbunden: Gertjan Verbeek.

Am 11. Juli - also vor gerade einmal 17 Tagen - zog der VfL Bochum die Reißleine und trennte sich von seinem schroffen Trainer. Das Faß zum Überlaufen gebracht hatte der von Verbeek eigenmächtig - und ohne die Vereinsführung in Kenntnis zu setzen - vorverlegte Trainingsauftakt. Rund 200 erwartungsfrohe Fans kamen, als die Spieler schon wieder in der Kabine verschwunden waren. "Das darf nicht passieren", sagte Sportvorstand Christian Hochstätter.

Es war der Höhepunkt einer missratenen Zusammenarbeit, welches den VfL Bochum seit Januar 2015 nahezu ständig lähmte. Verbeeks herablassende Art im Umgang mit Menschen geriet mehr und mehr zum Ärgernis. Ein Umstand, den Hochstätter bei der Verpflichtung des Niederländers freilich hätte wissen müssen. Unvergessen ist schließlich, wie sich Verbeek zu seiner Zeit beim 1. FC Nürnberg über Tage eine Fehde mit dem Freiburger Trainer Christian Streich geliefert hatte.

Dieser hatte es gewagt, Verbeek Contra zu geben - in Bochum hingegen kuschten selbst die Führungsspieler. Zwar schütteten einige den Journalisten gegenüber ihr Herz aus, baten dann jedoch um Nichtveröffentlichung. Seit zwei Wochen aber fühlen sie sich wie befreit.
Mit dem neuen Trainer Ismail Atalan hat an der Castroper Straße ein regelrechter Kulturwechsel Einzug gehalten. "Herr Atalan ist super kollegial", sagte Kapitän Patrick Fabian und Verteidiger Felix Bastians meinte: "Er gibt jedem das Gefühl, wichtig zu sein."

Der von den Sportfreunden Lotte geholte Atalan kommt an mit seiner gerade für das Ruhrgebiet so wichtigen herzlichen, offenen und kommunikativen Art. "EIn Trainer darf es nie zu einer Zweiklassengesellschaft kommen lassen. Die wichtigsten Akteure im Kader sind über eine ganze Saison betrachtet immer die Ersatzspieler", sagte Atalan. Der 37-Jährige scheint beim VfL Bochum Fesseln gelöst zu haben. Plötzlich wird tief im Westen an etwas geglaubt, das so weit weg schien wie ein Eisbär vom Südpol: Die Bundesliga.

Das achte Jahr Zweitklassigkeit in Folge - es soll für den VfL Bochum das letzte sein. "Gefühlt hat sich in dieser Liga fast jeder verstärkt. Es wird ein Hauen und Stechen geben, aber wir dürfen uns dabei allemal bessere Chancen ausrechnen als in den vergangenen Spielzeiten", sagte Kapitän Patrick Fabian. Weil Hochstätter gerade noch rechtzeitig Ballast abwarf. "Eine weitere Zusammenarbeit mit Verbeek wäre kontraproduktiv gewesen", sagte der 53-Jährige und fügte hinzu: "Wir wollen um einen der ersten drei Plätze kämpfen."

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