Auferstanden trotz Ruine - Darmstadt und sein Stadion

Darmstadt (dpa) - Nach 21 Jahren in der Dritt- und Viertklassigkeit klopft der südhessische Traditionsverein SV Darmstadt 98 wieder ans Tor zur 2. Liga. Doch selbst wenn das Team den Aufstieg schaffen würde, gibt es ein Problem: Das ehrwürdige Stadion am Böllenfalltor ist nicht zweitligareif.

Die letzte große Baumaßnahme liegt 36 Jahre zurück. Der Club war damals gerade zum ersten Mal in die Bundesliga aufgestiegen und musste die Zuschauerkapazität wegen der Auflagen des DFB auf 30 000 erhöhen. Also wurde die auf Kriegsschutt errichtete Gegengerade um 36 Stufen aufgestockt.

Zum ersten Relegationsspiel zur 2. Liga gegen Arminia Bielefeld am Freitag dürfen aus Sicherheitsgründen nur rund 16 000 Besucher in die marode Arena - und dass die Partie dort überhaupt ausgetragen werden darf, wurde erst nach langen Verhandlungen mit Verbänden und Behörden möglich.

Aufstieg und Niedergang der „Lilien“ sind eng mit dem Stadion verknüpft. Die Kosten für die Erweiterung der Gegengerade 1978 und die Errichtung einer Flutlichtanlage drei Jahre später beim zweiten Bundesliga-Aufstieg waren zu viel für die Südhessen. Erst kam der sportliche Abstieg, dann der finanzielle Kollaps: 1993 ging es in die 3. Liga, 1998 dann der Sturz in die Viertklassigkeit, 2008 folgte die Insolvenz.

Wirtschaftlich und sportlich hat sich der Club inzwischen erholt - auch ein Zeichen für den Rückhalt, den die 98er genießen. „Der Aufstieg wäre für den Verein, die Fans, die Stadt und die Region ein überragendes Ereignis - grandios und beeindruckend, weil so vollkommen unerwartet“, sagte Präsident Rüdiger Fritsch. „Es geht für uns darum, aus einer Wahnsinnssaison eine noch wahnsinnigere zu machen.“

Zu verlieren hat der Verein in den beiden Spielen gegen die Ostwestfalen nichts: „Wenn wir die Relegation nicht schaffen sollten, dann sind wir dennoch Sieger“, sagte Fritsch mit Blick auf die enorm erfolgreiche Spielzeit, in der sich der Abstiegs- zum Aufstiegskandidaten gewandelt hat. Im Falle eines Scheiterns in der Relegation würde man laut Fritsch eben „mit leicht gestärkten finanziellen Mitteln die 3. Liga weiter annehmen“.

Eine neue Spielstätte wird es aber so oder so geben. „Das Stadion ist in seiner Bausubstanz nicht mehr lange zu halten, egal in welcher Liga die „Lilien“ spielen“, sagte Fritsch. Derzeit ist der Verein Mieter, die Stadt Besitzer. Die hat laut Oberbürgermeister Jochen Partsch (Die Grünen) in den vergangenen drei Jahren 1,3 Millionen Euro in die Spielstätte investiert; weitere 3,5 Millionen seien nötig. Dazu kommen pro Jahr rund 500 000 Euro Betriebskosten.

Für mehr als 27 Millionen Euro soll deswegen ab Januar 2015 am gleichen Standort eine moderne Arena entstehen. Veranschlagte Bauzeit: Rund eineinhalb Jahre. Im Falle eines Aufstiegs könnten und müssten Baumaßnahmen zur Erfüllung der Zweitliga-Auflagen vorgezogen werden, wie der Einbau einer Rasenheizung oder die Aufrüstung der Flutlichtanlage. Beschlossen ist der Umbau aber noch nicht. Voraussetzung dafür ist nämlich die Zusage eines Zuschusses des Landes Hessen in Höhe von 14 Millionen Euro - und die steht noch aus.

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