Fußball: Spielerberater in Verruf

DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach übt heftige Kritik an den Millioneneinnahmen der Branche.

Düsseldorf. Wolfgang Niersbach ist nicht so leicht aus der Fassung zu bringen. Aber ein Thema bringt den Generalsekretär des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) garantiert auf die Palme. "Mir persönlich schwillt der Kamm, wenn ich sehe, wieviel Geld durch Spielervermittler aus dem Kreislauf des Fußballs herausgelöst wird", sagt der gebürtige Düsseldorfer im Gespräch mit unserer Zeitung. Niersbach beziffert den Verlust auf jährlich 40 bis 50 Millionen Euro. "Wenn der Fußball in seiner ganzen Attraktivität nicht so stark wäre, um auch diese Widrigkeiten auszuhalten, wäre alles noch viel problematischer." Niersbach verlangt Reaktionen.

Kein Branche des Profifußballs steht derart in Verruf wie die der Spielerberater. Ein Beruf im Zwielicht. Michel Platini, Präsident der Europäischen Fußball-Union Uefa, beklagte "Kinderhandel" und "sportliche Zuhälterei". Fußballclubs verurteilen öffentlich die Abzockermentalität der Vermittler, arbeiten aber weiter mit ihnen zusammen. Nationale und internationale Fußball-Verbände bekommen den Wildwuchs der explodierenden Honorare nicht in den Griff. Und innerhalb der Branche ist man angesichts des zunehmenden Konkurrenzdrucks und der öffentlichen Anklagen zerstritten.

"Die Branche genießt einen schlechten Ruf", erklärt Jörg Neubauer, der zu den größten und einflussreichsten Spielerberatern in Deutschland zählt. Lars-Wilhelm Baumgarten von der Agentur "Stars&Friends" sagte im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur jetzt den zwielichtigen Gestalten der Branche den Kampf an. "Es gibt zu viele schwarze Schafe, Leute, die nur auf das schnelle Geld aus sind. Denen muss man das Handwerk legen." Baumgarten gründete die Deutsche Fußballspieler-Vermittler-Vereinigung (DFVV), um das Schmuddel-Image los zu werden. Holger Hieronymus, stellvertretender Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL) beklagt dennoch, dass es im Moment fast unmöglich ist, unseriösen und nicht-lizenzierten Beratern auf die Schliche zu kommen. "Wir beschäftigen ja keine Detektive."

Der DFL und dem DFB sind die Millionenhonorare schon lange ein Dorn im Auge. Ligaverbands-Präsident Reinhard Rauball nannte konkrete Zahlen. Die 36 Bundesligisten der 1. und 2.Liga, die in der Vorsaison 171 Millionen Euro an Transfersummen aufbrachten, gaben zusätzlich 58,8 Millionen für Berater aus. "Das Verhältnis zwischen Provisionen und Ablösesummen empfinde ich als grotesk", sagte Rauball dem "Hamburger Abendblatt".

Seit dem Bosman-Urteil sind mit den Profi-Gehältern auch die Honorare der Berater sprunghaft gestiegen. Diese Schattenwirtschaft entzieht nicht nur nach Niersbachs und Rauballs Ansicht dem Geldkreislauf des Fußballs immer höhere Beträge. Man kann davon ausgehen, dass die Honorare der Berater im internationalen Geschäft noch um ein Vielfaches höher liegen. Real Madrid überwies 94 Millionen Euro für Cristiano Ronaldo an Manchester United. Das Jahressalär des portugiesischen Superstars bei den "Königlichen" wird auf 13 Millionen Euro, geschätzt. Netto, versteht sich.

Laut Baumgarten sind Beteiligungen an Ablösesummen "aber eher die Ausnahme. Üblicherweise bekommen Berater als Provision einen verhandelbaren Prozentsatz vom Jahresgehalt des Spielers. Meist streben die Berater zehn bis zwölf Prozent an, die Clubs bieten sechs bis neun Prozent. Dann trifft man sich irgendwo."

Die Berater sehen eine Mitschuld der ruinösen Entwicklung bei den Clubs selbst, denen die Spieler wichtiger sind als seriöse Berater. Baumgarten: "Es gibt klare Regeln, dass Vereine nicht mit nicht-lizenzierten Beratern verhandeln dürfen. Man kann nur unerlaubte Dinge tun, wenn auf Vereinsseite auch ein schwarzes Schaf mitmacht. Auf der einen Seite ist es Bestechung, auf der anderen Untreue."

Mit einer von Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp angeregten Gebührenordnung könnte die DFVV sich anfreunden. "Aber es gibt immer Schlupflöcher", sagt Baumgarten. DFB und die DFL sieht er in der Pflicht.

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