Fußball/Robert Enke: Was von der Trauer bleibt

Der Suizid Robert Enkes hat Deutschland bewegt. Ein Jahr später erinnern sich Weggefährten. Hannover 96, sein Verein, tut sich schwer mit dem Gedenken.

Hannover. In der Fußgängerzone von Hannover strahlt die Weihnachtsbeleuchtung. Wohin ist dieses Jahr, dass jetzt schon wieder Lichterketten hängen? Ist es schon so lange her, seit sich der Fußball-Nationaltorhüter Robert Enke von Hannover 96 das Leben nahm? Es ist.

Eine Depression hatte den 32-Jährigen glauben lassen, ein Gang auf die Gleise sei die Lösung. Es war der 10.November, gegen 18.15Uhr, als der Regionalexpress aus Bremen kam.

Hannover wird zu einer weinenden Stadt, die Nation trauert mit, als am 15. November der Sarg des Nationalspielers im Mittelkreis des Stadions aufgebahrt wird. Nie wieder, kündigt der Verein an, soll die Nummer1 an einen anderen Torhüter vergeben werden.

Einen Beinahe-Abstieg und ein Jahr später steht Hannover 96 mit Trainer Mirko Slomka im Mittelfeld der Bundesliga. Im Tor wacht Florian Fromlowitz. Er trägt er die Nummer 1.

Mit Beginn der neuen Saison endete die Schockstarre, und Klubpräsident Martin Kind erklärte mit dem Feingefühl einer Planierraupe: "Es sterben täglich Menschen. Aber die Arbeit muss weitergehen". Jetzt, zum Jahrestag, sagte er im NDR-Fernsehen:

"Ich habe menschlich zwar Verständnis, dass das persönliche Umfeld, das von der Krankheit wusste, Robert geschützt hat. Ich denke aber, hätten sie anders gehandelt, hätte man vielleicht andere Optionen haben können, vielleicht sogar, dass Robert heute noch leben würde."

Die Stadt Hannover und der Klub, sie tun sich schwer mit diesem Jahrestag. "Am liebsten würden sie ihn einfach überspringen", sagt ein Kenner, der nicht genannt werden will. "Nichts soll die Mannschaft belasten."

Von einem Plakat, das eine Neuerscheinung auf dem Buchmarkt bewirbt, blickt Robert Enke fast verschmitzt. Gesicht und Trikot sind dreckig - so sehen glückliche Sportler aus. Darüber steht: "Robert Enke. Ein allzu kurzes Leben."

Sportjournalist Ronald Reng hat das Buch geschrieben, schon jetzt ein Bestseller. Reng ist ein brillantes Werk gelungen. Der Autor, selbst ein Torwart, und der Torwart, der gerne Gedichte schrieb, sie waren befreundet. Teresa Enke hatte Reng Zugang zu Roberts Tagebuchaufzeichnungen gewährt.

Über Teresa Enke möchte Reng nicht sprechen, sie selbst hat Interviews abgelehnt. Sie wohnt noch im umgebauten Bauernhof in Empede, dieser Tage erst wurde die Adoption der 19-monatigen Leila genehmigt. Das Mädchen lebte schon bei Enkes, als Robert zum letzten Mal das Hause verließ.

Stift Haug liegt abseits der Würzburger Innenstadt. An den Wänden der Kirche hängen großformatige Bilder, schwarze Tuschearbeiten aus dem Zyklus Apokalypse. Der Künstler heißt Jacques Gassmann.

Der Fußballprofi und der Maler - auch das ist ein Kapitel im kurzen Leben des Robert Enke. Die erste Begegnung 2004: "Robert und die hochschwangere Teresa standen wohnungssuchend vor meiner Tür."

Seit zwei Jahren hatte der Künstler den Bauernhof in Empede verkaufen wollen. Die Enkes zogen ein, sechs Monate lang lebten sie noch mit Gassmann unter einem Dach.

Die Zeit war auch geprägt von Belastungen. Tochter Lara starb, keine drei Jahre alt, an einem angeborenen Herzfehler.

Es ist zu spüren, wie sehr Gassmann Robert mochte. Zum 30.Geburtstag schenkte ihm der Maler ein Bild mit dem Titel: Da ist Robert, und kein Tor. Der Torwart habe es gemocht, fast scheint es auf der Tuschezeichnung, als blute der Ball, den Enke in den Händen vor seinem Herzen hält.

Als er von Enkes Tod erfuhr, setzte sich Gassmann an die Leinwand. In dieser Nacht griff er zu warmen, orangen Tönen. Er widmete das Bild seinem Freund Robert Enke. Er nannte es: Das Wartezimmer.

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