Fußball: Hoeneß - Das bayerische Schwergewicht

Nach 30 Jahren gibt Uli Hoeneß morgen das Amt des Managers beim FC Bayern ab.

Düsseldorf. Dieser Abend wird ihn erleichtern und beschweren, er wird vor ihm weglaufen und ihn genießen wollen. Es ist nur eine schnöde Jahreshauptversammlung, kein Hort, wo für gewöhnlich Geschichte geschrieben wird. Aber es wird ein Abend der Emotionen. Der Patron wechselt die Fronten.

Freitag Abend wird Uli Hoeneß erleben, dass er nicht mehr Manager (korrekt: Sportdirektor) des FC Bayern ist. 30 Jahre, nachdem ihm der Bayern-Präsident Wilhelm Neudecker diesen Job mit Erfolg angetragen hat, weil jener "einen unerfahrenen Prellbock für die bevorstehende Steuerprüfung suchte", wie sich Uli Hoeneß im Magazin der "Süddeutschen Zeitung" erinnert. Damals war der FC Bayern marode. Dann kam Uli Hoeneß. 30 Jahre später folgt Christian Nerlinger.

Vom Prellbock zum Patron des FC Bayern war es kein langer Weg. Weil bei Uli Hoeneß alles schnell geht. Weil er anpackt, wo die Idee noch reift, weil er konsequent handelt, wenn andere noch zaudern - und weil der Erfolg wie ein treuer Freund bei ihm war. Das hilft.

Seine erfolgreiche Spieler-Karriere dauerte fünf Jahre, das ist nichts, dann plagten ihn chronische Knieschmerzen, und diese unerfüllte Spielerzeit ist die Triebfeder für alles, was danach kommt. Für alle Titel als Manager, für alle Millionenbeträge, die er Sponsoren abzwang und für jede neue Idee, die Hoeneß immer deutlicher von seinen Amtskollegen abhob und den FC Bayern zum Branchen-Giganten anwachsen ließ.

Denken, handeln, verkaufen - ohne Pausen, so einfach wie für Hoeneß gemacht. Zwölf Millionen Euro setzte der FC Bayern 1979 um, 2008 waren es 300 Millionen Euro. Steigerungen, über die Hoeneß sich wie ein Kind freuen kann.

Der andere Hoeneß saß stets mit einem Bayern-Schal auf der Bank und war das tobende Sturmgeschütz gegen jene, die sich hämisch am sportlichen Elend des deutschen Eliteclubs erfreuten. Dieser andere Hoeneß ist Fan des FC Bayern. Der größte. Hemdsärmelig und unprätentiös. Auch deshalb ist der Sprung in das neue Amt trotz Erfahrung ein großer.

Morgen wird er Franz Beckenbauer als Präsidenten ablösen, aber diese Rolle wird er ganz anders ausfüllen als die vermeintliche Lichtgestalt. Kolumnen, in denen der FC Bayern kritisiert wird, würde Hoeneß nie schreiben. Beckenbauer ist anders: "Ich gönne dem Uli, dass er endlich mal wegkommt von dem Geschehen auf dem Rasen. Der hat sich lange genug anpöbeln und mit Bierbechern beschmeißen lassen."

Wo Beckenbauer immer distanziert blieb, war Hoeneß allzeit Frontkämpfer. Er ließ sich nicht durch einen Flugzeugabsturz aufhalten, den er 1982 als einziger der vier Insassen überlebte. Und auch nicht von der feindselig aufgescheuchten Öffentlichkeit, vor der er im Alleingang den koksenden Bundestrainer Christoph Daum verhindern wollte.

Es mag Zufall sein, aber seit sich Hoeneß nicht mehr beschmeißen und beschimpfen lässt, seit er Platz genommen hat auf der Tribüne, hat der FC Bayern seine Aura verloren. Die "Mia san Mia"-Mentalität verschwimmt, und niemand verteidigt sie mehr. Das konnte er. Wenn ein Mikrofon nach Niederlagen in der Nähe war, bellte er hinein, und wenn ihm jemand blöd kam, dann schoss er beleidigt zurück. Abteilung Attacke.

Und wenn es eng wurde, dann legte er sich einen Spruch zurecht und feuerte ihn bei passender Gelegenheit ab. Mit feuerrotem Kopf. "Wenn Klinsmann Obama ist, dann bin ich Mutter Theresa", hat er gesagt, als RTL-Mann Günther Jauch von der Aura Klinsmanns sprach. Der sei ein glänzender Fußballer gewesen, aber danach, sagte Hoeneß, hat er es nicht geschafft. Dass Vergleichbares nicht nach seinem Wechsel vom Manager-Posten zum Präsidenten gesagt wird - dafür will er selbst sorgen. Wer auch sonst.

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