Fußball-Porträt Der steinige Weg des Kasim Adams

Düsseldorf · In seiner Heimat Ghana galt Fortunas Abwehrspieler als faules Talent. Sein erster Profi-Trainer brachte ihn auf die Spur, die ihn nach Europa und in die Bundesliga führte.

 Fortunas Abwehrspieler Kasim Adams hat den Sprung von Afrika nach Europa geschafft.

Fortunas Abwehrspieler Kasim Adams hat den Sprung von Afrika nach Europa geschafft.

Foto: dpa/Marius Becker

Kasim Adams hat in seiner noch jungen Karriere schon einige Trainer mit renommierten Namen kennengelernt. Da wäre Frankfurts Trainer Adi Hütter, der den 24-Jährigen zwei Jahre lang (2016 bis 2018) bei den Young Boys Bern anleitete, gefolgt von Julian Nagelsmann bei der TSG Hoffenheim sowie aktuell Friedhelm Funkel bei der Fortuna. Wahrlich keine schlechte Auswahl. Und doch ist es ein hierzulande völlig unbekannter Fußballlehrer, der die Karriere des Ghanaers maßgeblich beeinflusst hat. Sein Name: Alahssan Sediu.

Er war Adams erster Profi-Trainer beim Medeama SC, einem Klub aus der Kleinstadt Tarkwa, rund 300 Kilometer von Ghanas Hauptstadt Accra entfernt. Dort heuerte der 1,90 Meter große Abwehrhüne im Alter von 16 Jahren an, um sich seinen Traum vom Profi-Fußball zu erfüllen. Das Talent dafür brachte er mit, nur mit der Einstellung haperte es zunächst. Was Sediu nicht unkommentiert ließ. „Er sagte mir, ich sei zu faul“, erzählt Adams in einem intimen Porträt der Medienabteilung der TSG Hoffenheim.

Doch es blieb nicht bei dieser einen verbalen Ohrfeige: „Ich dachte immer, er mag mich nicht. Ständig schrie er mich an und korrigierte mich. Ich war jung, weit weg von meiner Familie und nahm mir das sehr zu Herzen.“ Erst mit der Zeit begriff Adams, dass sein Trainer ihn mit diesen emotionalen Ausbrüchen nicht drangsalieren, sondern wachrütteln wollte. Dass er nicht den Fehler begehen würde, wie so viele afrikanische Talente vor ihm, die sich durch zu viel Laissez-faire eine mögliche Karriere in Europa verbauten und damit die Chance, der Armut ihrer Heimatländern zu entfliehen.

„Viele haben ausreichend Talent, um Profi in Europa zu werden. Aber nicht jeder hat die Möglichkeit, sich darauf zu konzentrieren, seinen Traum zu verwirklichen. Das Leben kann in Afrika sehr kompliziert sein“, erklärt Adams. Sediu war das damals schon bewusst. Seine Beharrlichkeit wurde zu Adams Triebfeder. Stück für Stück arbeitete er sich nach vorne. Erst in die ghanaische Junioren-Nationalmannschaft und dann nach Europa. Ein Spielervermittler hatte ihn im November 2013 zum CD Leganes transferiert. Kurz darauf ging es weiter zum RCD Mallorca in die zweite spanische Liga. Der Startschuss in eine neue Welt.

Vorbei die Zeiten, als er sich in Tarkwa vor einem Liga-Spiel die Schuhe von einem Bekannten leihen musste, weil seine kaputt gegangen waren und er kein Geld für ein neues Paar hatte. Auch deswegen hat Adams seinen ehemaligen Mentor nie vergessen. „In einer Zeit, in der ich noch nicht bereit für den Profi-Fußball war, hat er mir sehr geholfen. Er wurde wie ein zweiter Vater für mich, wir haben jetzt immer noch nach jedem meiner Spiele Kontakt“, verrät Adams.

Erster Startelf-Einsatz beim
Derby in Mönchengladbach

Mittlerweile ist Friedhelm Funkel bei Fußball-Bundesligist Fortuna der erste Ansprechpartner für den elffachen Nationalspieler Ghanas, und ähnlich wie Vaterfigur Sediu ist auch der Trainerkollege Funkel für seine klaren und ehrlichen Aussagen gegenüber seinen Spielern, aber auch in der Öffentlichkeit, bekannt. Erinnert sei hierbei nur an das Statement des gebürtigen Neussers, als er kurz vor dem Saisonstart zu Adams befragt wurde: „Er ist ein anderer Spielertyp als die anderen Innenverteidiger in unserem Kader: Robuster und im Zweikampf sehr aggressiv.“ Allerdings müsse er noch lernen, diese Aggressivität in geordnete Bahnen zu lenken, um nicht in die Gefahr eines Platzverweises zu laufen. Zuckerbrot und ein wenig Peitsche also.

Inzwischen hat Kasim Adams sein erstes Pflichtspiel von Anfang an im Trikot der Fortuna beim Derby in Mönchengladbach absolviert und dabei gleich ein Tor erzielt. Doch auch hier ist sein Weg noch nicht zu Ende. Der Innenverteidiger muss sich weiter an die Mannschaft herankämpfen, noch fitter sein, um noch besser mithalten zu können. Körperlich hat er dazu die besten Voraussetzungen, und er hat längst begriffen, worauf es ankommt.

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