Englands Trost

Der englische Reporter saß einen Meter von mir entfernt. In den Medienzentren dieser WM wird vorwiegend gearbeitet, bisweilen sogar konzentriert. Aber der Engländer hatte eine schmachvolle Niederlage zu verkraften.

Ihm war nach anderem. "Lynn, Anna, hello", schrie er in seinen Computer und hielt das edle Gerät ganz nah an sein errötetes Gesicht. Er skypte, heißt: er bildtelefonierte mit ihnen. So etwas geht, man kann den jeweils anderen sehen, obwohl der mehr als 9500 Kilometer weit entfernt von Afrika nur ahnen kann. Lynn war wohl des Engländers Frau, Anna seine Tochter. Letztere war offenbar noch klein.

Der Engländer krächzte babyähnliche Laute, er grinste das Kind an und küsste den Bildschirm. Immer wieder. Hunderte von Kollegen legten eine Pause ein und verfolgten diese rührende Familiengeschichte. Fernab von Terry, Lampard und Kollegen. Der Engländer versprach seiner Familie eine vermeintlich freudige Nachricht: "Daddy kommt heim, schon am Mittwoch." Die Reaktion der Heimat konnte ich nicht einsehen. Aber ich verspürte einen tiefen Trost für die geplagte englische Fußball-Nation. Natürlich hatten die "Three Lions" gegen Deutschland verloren. Bei der WM. Wieder einmal. Aber Anna hat bald ihren Daddy zurück.

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